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FORT. Shift

28.03.2015 - 25.05.2015

Kestner Gesellschaft, Hannover / Deutschland

Die kestnergesellschaft präsentiert im Frühjahr eine Ausstellung der Künstlerinnengruppe FORT. Das Kollektiv FORT bewegt sich wie ein Seismograf durch unsere Alltagswelt und spürt dabei gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Ereignissen und Entwicklungen nach. So entwickelte FORT eigens für die Ausstellung »Shift« zwei neue Arbeiten, die neben der raumgreifenden Installation »Leck« (2012) und dem Video »The Calling« (2014) erstmalig im institutionellen Rahmen zu sehen sind.

Eine zentrale Rolle in ihrer künstlerischen Praxis spielt die Aneignung, Transformation und Inszenierung von Orten, die sie vorfinden oder selbst erschaffen.... Ihre detailreichen räumlichen Arrangements gleichen experimentellen Versuchsanordnungen, mit denen die Künstlerinnen die Mechanismen unserer Konsumgesellschaft und des Kunstmarkts entlarven und umdeuten. In ihren Interventionen, Performances und Installationen reagieren FORT einerseits auf bestehende Strukturen und Verhältnisse, zugleich fügen die Künstlerinnen den vorgefundenen Situationen befremdliche Momente hinzu und spielen mit der Wahrnehmung des vermeintlich Vertrauten.

Die vier unabhängig voneinander entstandenen Arbeiten in dieser Ausstellung verbindet eine Atmosphäre von Leere, Vergänglichkeit, Stillstand und Einsamkeit. So transferieren die Künstlerinnen mit ihrer Installation »Leck« (2012) das vollständige Interieur einer ehemaligen Schlecker-Filiale in den Ausstellungsraum der kestnergesellschaft. Durch diese Verpflanzung an einen unüblichen Ort konfrontieren sie die Betrachter mit einer neuen Sichtweise auf die typische Schleckermarkt-Ästhetik. Indem sie das groteske Moment der ausgeweideten Regale und Gänge ins Blickfeld rücken, verweisen sie zugleich auf den Niedergang des Schlecker-Konzerns – eine der größten Insolvenzen der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Mit ihrer Videoarbeit »The Calling« (2014) führen die Künstlerinnen ihre Auseinandersetzung mit den Anforderungen und Widersprüchen der gegenwärtigen Leistungsgesellschaft fort. Schauplatz des Videos ist ein Callcenter, ein Arbeitsplatz, dessen Atmosphäre von Hektik, Reizüberflutung und ununterbrochenen Leistungsdruck geprägt ist. FORT jedoch zeigt MitarbeiterInnen, die an ihren Arbeitsplätzen in eine Art Dornröschenschlaf verfallen sind. Das Motiv des Schlafs wird zu einem subversiven Moment des temporären Rückzugs und Widerstands.

Ein gewöhnlicher Snackautomat versetzt in der neuen Installation »Lonesome Raider« (2015) die Besucher selbst in eine widersprüchliche Situation. Lediglich ein letzter, einsamer »Raider«-Schokoriegel befindet sich in einem der Fächer des funktionstüchtigen Automaten. Die Süßigkeit wurde 1991 im Rahmen einer aufwendigen Werbekampagne in »Twix« umbenannt. Damals hoffte man, durch die globale Vereinheitlichung des Markennamens die Produktion und das Marketing zu vereinfachen. Unter dem lässigeren, neuen Namen sollte das Produkt an Popularität gewinnen und somit den Absatz steigern. Nicht zuletzt befürchtete das Unternehmen, die englische Bedeutung des Wortes Raider (= Plünderer) könnte für Missverständnisse sorgen. FORT greift beide Motive auf poetisch-humorvolle Weise auf. Die süße Rarität könnte jederzeit für ein paar Münzen verschwinden.

Daneben besteht die Installation »Somebodies« (2015) aus zwei Jacken, die an einer Garderobe hängen. Sachte hin und her schwingend, entsteht der Eindruck, als hätten ihre Besitzer sie dort soeben aufgehängt. Insofern verweisen die Jacken auf die kürzliche Abwesenheit der beiden »Jemanden«. Die konstante, monotone Bewegung der Jacken friert den flüchtigen Moment des Verschwindens jedoch dauerhaft ein. Der Titel der Arbeit stellt eine doppeldeutige Wortschöpfung dar, denn weder im Englischen noch im Deutschen existiert der Plural von »somebody« bzw. »jemand«. Die Künstlerinnen spielen mit dem Moment des Imaginativen: Die Garderobe als Zwischenraum, an dem man seine Jacke ablegt, um anschließend einen anderen Raum zu betreten, suggeriert nicht nur das Bild einer abwesenden Person, sondern auch die Vorstellung von einem anderswo.

[Quelle: www.kestnergesellschaft.de]

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zuletzt geändert am 26.03.2015


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