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Gregor Gaida. Summe der Geschichten

Einladung: Gregor Gaida. Summe der Geschichten. 2010

16.01.2010 - 06.10.2010

Galerie Adler, Frankfurt am Main / Deutschland

"Das Ergebnis meiner Arbeit ist eine Übersetzung der Wirklichkeit. Zum einen wird die Figur im Raum mit ihr ins Verhältnis gesetzt, zum anderen spiegelt die Summe der Wahrnehmungen die Mehrdeutigkeit der Wirklichkeit wider."

In der Quantenphysik wird die These vertreten, dass ein Teilchen auf seinem Weg von einem Ort zum anderen jeder möglichen Bahn in der Raumzeit folgen, somit jede mögliche Geschichte durchleben kann. Jede dieser Möglichkeiten bezeichnet eine Geschichte und die Summe all dieser Geschichten ergibt den einzig "wahrscheinlichen" Weg, wobei jede mögliche Geschichte ihre eigene Wahrscheinlichkeit hat.... Diesen wissenschaftlichen Ansatz hat Gregor Gaida (*1975 Chorzów, Polen) aufgegriffen und auf das Leben und die Kunst übertragen. In seinem philosophischen Ansatz der "Summe der Geschichten" beschreibt er die Theorie des menschlichen Handelns als die Konsequenz aus der Summe aller bereits geschehenen Ereignisse.

In seinen Skulpturen verleiht Gaida diesem Ansatz regelrecht Gestalt und erzählt Geschichten ohne sie auszuformulieren. Es sind Allegorien des Zeitgeschehens, die in ihrer Offenheit und Undefinierbarkeit die verschiedenen Möglichkeiten einer Geschichte suggerieren.
Widersprüche im aktuellen und geschichtlichen Kontext und im gesellschaftlichen Wertesystem lassen Konzepte entstehen, die sich dann zu Bildmotiven verdichten. Als hinterfragender Beobachter dokumentiert er Menschen, die vor einer persönlichen Entscheidung stehen und an diesem Scheideweg protokolliert er deren Gestik und Mimik bis ins kleinste Detail. Seine Skulpturen zeigen singuläre Augenblicke, die nicht nur die Summe der Ursachen, sondern auch alle sich aus diesem Moment ergebenden Möglichkeiten implizieren.

Bei der Arbeit "Lateral III" vereinigt der Künstler positiv aufgeladene Komponenten wie das Motiv des Kindes, die Farbe weiß und die Reinheit des Waschpulvers. In ihrer Summe und Konstellation jedoch zeigen sie eine negative Wirkung und rufen beim Betrachter Irritation hervor. Das erzeugte Bild changiert hier zwischen Anziehung und Abstoßung. Ähnliches geschieht bei der Arbeit "Kind und Kreide", die zunächst die Kindheit mit ihrer Unschuld und Reinheit zum Thema zu haben scheint. Erst der zweite, nähertretende Blick des Betrachters verdeutlicht das Ausmaß der scheinbar spielerischen Szene: In absoluter Ebenbürtigkeit mutieren die Spielgefährten zu Gegnern, die sich bewusst voneinander abgrenzen.

Der narrative Charakter des Figürlichen ist in Gaidas Werken stets sehr stark ausgeprägt und so muten die Figuren, die in ihren anatomischen Einzelheiten und Physiognomien detailgetreu herausgearbeitet wurden, seltsam lebendig an. Klassisch und zeitlos wirkt auch das leicht lasierte Holz, das neben anderen Materialien wie Aluminium, Polyester- und Acrylharz sehr häufig zur Anwendung kommt. Neben der feinen Holzmaserung scheinen nämlich immer wieder Astlöcher und kleinere Unregelmäßigkeiten durch die weiß lasierte Oberfläche von Haut, Haaren und Kleidung. Ihre innere Substanz, der eine organische Vitalität zu eigen ist, wird offen gelegt und so gewinnen die Figuren Gaidas ihre ambivalente Lebendigkeit.

Gregor Gaida verbindet Ansätze aus Fotografie und Malerei zu einzigartigen Skulpturen. Seine Objekte können als dreidimensionale Momentaufnahmen gelten, da die Protagonisten an ihren imaginären Bildrändern beschnitten und ihrem eigentlich Aktionsrahmen entrissen werden. Dieser fragmentarische Charakter ist es, der den Betrachter dazu auffordert die "Summe der Geschichten" selbst zu ergründen.

(Aus: Einladung)

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zuletzt geändert am 14.05.2010


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