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Sofia Goscinski. Peau Blanche, Masques Noirs

21.11.2017 - 01.02.2018

Sammlung Friedrichshof STADTRAUM, Wien / Österreich



Sofia Goscinskis neue Arbeiten, die sie im Stadtraum und in der Galerie unttld contemporary zeigt, kreisen um Frantz Fanon und dessen revolutionäre Befreiungstheorie. Fanons Schriften sind Ausgangspunkt und Denkanstoß für eine Reihe von Werken, die weit über einen (post-)kolonialen Diskurs hinausgehen.

Der Titel der Schau im Stadtraum zitiert Fanons erste Publikation Peau noire, masques blancs (1952) unter verkehrten Vorzeichen. Nicht die Schwarzen tragen Masken, um sich in der „weißen“ Welt behaupten zu können, sondern umgekehrt.... Das Doppelporträt Couple aus der Serie Mask zeigt einen weißen Mann und eine weiße Frau, die ihre Gesichter hinter schwarzen Masken verbergen. Der Mann trägt eine schwarze Penis-Prothese, die auf Fanons Überlegungen zur mutmaßlichen „phallischen Überlegenheit des Schwarzen“ und dessen Unterdrückung durch den Weißen als Rache für sein sexuelles Minderwertigkeitsgefühl anspielt. Ein Gegenentwurf zum Stereotyp der „überlegenen weißen Vernunft“ als Rechtfertigung der Unterwerfung des „triebhaften Schwarzen“. Dieses Argument wurde auch gebraucht, um die „Minderwertigkeit“ der Frau zu begründen. In Goscinskis Werk entfaltet sich die Spannung zwischen Dominanz und Unterwerfung zwischen Mann und Frau. Der Mann, seines natürlichen Phallus beraubt und mit einem Strap-on ausgestattet, wirkt der gebieterischen Gestalt seines schwarz gekleideten, weiblichen Gegenübers unterlegen.

Dem gegenüber hängt ein Objekt aus Leintuch, Gummi und Silikon – Materialien die ebenfalls mit erotischen Erlebnissen konnotiert sind. Goscinski verwebt das Leintuch mit dem Gummi, wobei der Stoff das Silikon, mit dem der Gummi behandelt ist, aufsaugt und sich langsam gelblich färbt. Die beiden Materialen verbinden sich miteinander und gehen allmählich ineinander über. Das Werk macht uns zu unmittelbaren Beobachtern des Prozesses der Verschmelzung.

Die Arbeit Les damnés zitiert im Titel Fanons Hauptwerk Les damnés de la Terre (1962), in dem er zur gewaltsamen Revolte der Kolonialisierten gegen die gewalttätige Unterjochung durch die Kolonialherren aufruft. Goscinskis Werk zeigt eine präparierte Ratte, die unter einem Stuhl lauert. Diese steht als Metapher für die Masse der Verdammten, die der Unterdrückung ausgesetzt sind. Gleichzeitig ist die Ratte Symbol für die Möglichkeit der Umkehr der Verhältnisse. Der Stuhl hat ein Loch, wer sich setzt, setzt seine/ihre Genitalien dem Nager aus, die Ratte hat sie/ihn uchstäblich „am Arsch“.

Sofia Goscinski legt sich nicht auf einen Diskurs fest, sondern übersetzt das bei Fanon zentrale Thema der Beziehung zwischen Unterdrücker und Unterdrückten und das darin enthaltene Potenzial zur Revolution in eine psychologische Ebene. Dabei verhandelt sie in ihren Werken Machtverhältnisse, die jedoch letztlich ungeklärt bleiben. Die Situation bleibt in der Schwebe, ist noch im Prozess oder enthält bereits die Revolte, wie bei Fanon nach dem Motto: „Die letzten werden die ersten sein“.

[Quelle: https://sammlungfriedrichshof.at/english-upcoming-project-4-sofia-goscinski/, 11.11.2020]

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