Götz Bury: Präsentation FON. 01.2001 karajan centrum. star_project01. the media art award: In einer 6-teiligen Serie stellen wir die zum Preis geladenen KünstlerInnen vor, heute Nr. 1: FON (für "FORMATION OHNE NAMEN") besteht aus zwei Mitgliedern, deren Identität aber weitgehend im Dunkeln bleibt. Man produziert elektronische Klänge, die 1. weltweit über das Internet vertrieben werden und 2. in performanceartigen livesets (Konzerten?!) dargeboten werden. Die Klänge sind 1. eine Art Strom kryptischer Signale, 2. unaussprechliche elektronische Emissionen, die 3. auch sehr eigensinnigen Rhythmen folgen können, aber 4. keinesfalls müssen!! Der Klang hat 1. seinen Ursprung in den Hilfeschreien gefolterter und mißhandelter Haushaltsgeräte, wie Mikrowellenherden, Stereoanlagen, Metalldetektoren u. a., die zu diesem Zweck in Kurzschlüssen und anderen "worst case!"Ereignissen ihr Leben aushauchen mußten, und folgt 2. keinen erkennbaren Regeln. Die Performances von FON kennen derzeit zwei Ausformungen: 1. Inviltration: Unter dem Teppich, 2. Viltration: Hinter dem Vorhang. "Unter dem Teppich" stellt sich folgendermaßen dar (gesehen im MAK, September 2000): Ein gewaltiger schwarzer Läufer, in blaues Licht gehüllt, quert die große Säulenhalle des Museums. An seinem Rand stehen zwei Manipulationsborde, die dank ihrer Konstruktion keinen Aufschluß darüber geben, was sie enthalten, oder wie sie funktionieren könnten. Dazu schweres, elektronisches Atmen. (Frage: Ist Darth Vader auch da, der lackierte, schwarze Ultrafaschist aus Star Wars?) Einsamkeit senkt sich über die Betrachter ... bis sich unter dem Teppich Leben abzeichnet Zwei Personen beginnen, den Teppich zu durchpflügen. Verwirrende Gedanken an Untergrundaktivitäten, staubsaugen, unterwürfige Handlungen, Hausstaubmilben und Sand zwischen den Zähnen stellen sich ein. Am Ende Ihrer Wühltour angekommen, nehmen die zwei, in schwarzer uniformer Kleidung mit Kapuzen und schwarzen strumpfartigen Hausschuhen gekleidet (wenn man Teppiche sieht, zieht man schliesslich Patschen an), Mönchen gleich, an ihren Arbeitstischchen platz und knipsen geheimnisvolle grüne Neonlichter an. Gedanken an den genialen Pianisten Schröder ("The Peanuts") stellen sich ein, als die "Klänge" sich ins Übernatürliche steigern. Kurz bleibt noch Zeit diese besondere Kleidung zu reflektieren, die (mich) in ihrer Art an eine Modenschau in Form einer Fronleichnamsprozession im Wiener Kanalnetz erinnert. Der Verdacht erhärtet sich später: Es besteht nämlich eine Kooperation mit "fabrics interseason" [www.fabrics.at), bevor die Klänge dazu führen, daß (mir) die Gedanken entgleiten. Unter großen Teppichfalten, die wie Kapuzen über ihre Köpfe laufen, sitzen die "Interpreten", isoliert und entmenschlicht, am Rande der unnatürlichen Verwerfungen, die der Teppich jetzt aufweist. Was uns fortan ereilt, mag möglicherweise nicht an Musik erinnern, wird aber in Fachkreisen als kunstvoller Klang interpretiert. FON ist einer der Vertreter der neuen elektronischen Musik aus Österreich, die bereits Weltgeltung erlangt hat und die stark auf die hiesige aktuelle bildende Kunst abstrahlt. Gerade neue Modelle der Selbstvermarktung via Internet sind es, das starke politische Bewußtsein (das nicht zuletzt zur Verweigerung staatlicher Förderungen führt) und die Bereitschaft zu Kooperationen und Vernetzung, die diese Szene auszeichnet. Der Staat hat hier längst die Tuchfühlung verloren, was, wie wir hoffen, zur längst überfälligen Demokratisierung der Österreichischen Kunstlandschaft beitragen wird. FON ist eine konsequent durchkalkulierte trade mark (man bietet eine Dienstleistung, die heißt: "Unterhaltung einer anderen Art"), die sich bewußt im Grenzbereich zwischen elektronischer Musik und bildender Kunst bewegt, da sie einerseits nicht vom Konzertgeschäft korrumpiert werden möchte, andererseits die üblichen Abhängigkeiten vom traditionellen Kunstmarkt nicht wünscht.