Einladung: Wien Modern 2002 Eröffnungskonzert «Granular~Synthesis», 2002 Als «Königin der Instrumente» thront sie seit dem 15. Jahrhundert über den Klangerzeugern des Abendlandes; in ihrer mehr als 2000jährigen Geschichte war sie Schlachtinstrument, Symbolträgerin politischer Macht, kurioses Effektgerät und Medium religiöser, künstlerischer wie kommerzieller Verführung: Allein schon wegen dieser Fülle an Zuschreibungen ist die Orgel ein Ausnahmeinstrument. Maschine und Instrument zugleich, war sie über Jahrhunderte auch Faszinosum und Symbol einer nach Technisierung strebenden Kultur, bis sie von anderen Musik-Maschinen abgelöst wurde. Wenn Wien Modern 2002 mit einem neuen, für die Orgel des Großen Saales erarbeiteten Projekt von Granular~Synthesis eröffnet wird, handelt es sich dabei nicht zuletzt um die Begegnung zweier hoch komplexer musikalischer Maschinen. Orgel und Computer - über MIDI miteinander verbunden - bilden ein Neues, Drittes, das die Welt des rein akustischen mit der des synthetischen Klangs verbindet. Das Projekt «MINUS» speist sich aus Klangquellen dreier weit auseinander liegender Epochen: granular synthetisierte, elektronische Sounds, die romantische Klangästhetik der Konzerthausorgel (1913) und spezielle Klangeffekte der Barockorgel in der Wiener Michaelerkirche (1714) bilden das Ausgangsmaterial eines Abends, der unterschiedliche Zeiten und diametrale Klangideale mit abstrakten Bildwelten zusammenführt.