Lars Breuer: Britische Kunst mit vielversprechenden Newcomern FAZ.NET 4. Oktober 2001 "Das Interesse ist größer als im Vorfeld erwartet", fasst eine Mitarbeiterin der "Rocket Gallery" am ersten Tag des Art Forum zusammen. In Berlin ist die Londoner Galerie eine Adresse für junge Positionen britischer Kunst. Mit zwölf Galerien bildet Großbritannien - gleichauf mit den Amerikanern - die größte ausländische Fraktion auf der diesjährigen Messe. Entsprechend groß ist der Anteil britischer Kunst. Viele setzen auf erfolgversprechende Newcomer, einige davon feiern in Berlin ihr Debüt. Protagonisten der britischen Kunstszene sind seltener. Selbst die durch den Medien-Millionär Charles Saatchi in den neunziger Jahren groß gewordenen "Young British Artists" scheinen für die Berliner Schau zu etabliert. Deren Star Damian Hirst ist in Berlin bei keinem Aussteller vertreten. Eine Ausnahme macht die Berliner Galerie "Carlier/Gebauer", die trotz der sinkenden Umsätze des Turner-Preisträgers im Auktionsgeschäft mit Erfolg auf ein Mitglied der britischen Skandal-Gruppe setzt: die Neon-Arbeit "Very Happy Girl" von Tracy Emin ist bereits für 28.000 Pfund reserviert. Eine Mitarbeiterin der Galerie bemerkte reges Interesse von Kunden aus Italien und Deutschland. Das Preisniveau für Enims Kunst steigt, in den letzten zwei Jahren hat es sich verdoppelt. Dennoch werden ihre Arbeiten weit unter den höheren sechsstelligen Dollarerträgen von Hirst gehandelt. Mit dem Turner-Preis steigt der Wert Auch die "Hales Gallery" aus London setzt konsequent auf neue Gesichter im deutschen Kunstmarkt. Zum ersten Mal auf einer deutschen Messe konnte sie schon am zweiten Tag von drei Verkäufen von Drucken des in London lebenden Japaners Tomoko Takahashi für je 16.800 Mark berichten. Im Vorfeld kaufte die Deutsche Bank einen Druck der angebotenen Fünfer-Auflage - ein Umstand, der neben der Turner-Preisnominierung im vergangenen Jahr sicherlich weitere Interessenten anziehen wird. Im Angebot der Messe finden sich dennoch ein paar alte Bekannte. Arbeiten von Tony Cragg, der schon in den 1970er Jahren seine Erfolge feierte, ist mehrmals vertreten. Durch zahlreiche internationale Ausstellungen bliebt er kontinuierlich im Gespräch der Kunstwelt. Die schwedische Gallerie "Stefan Andersson" zeigt seinen Bronzeguss aus der Reihe der "Early Forms", der erst kurz vor Messebeginn fertig wurde. Die großformatige Skulptur ist mit 320.000 Mark das teuerste Objekt des Art Forum. Höchstpreise bei den Etablierten Cragg wird auch von Jiri Svestka vertreten, der schon am ersten Tag ein amorphes Objekt des Briten für 30.000 Dollar reservierte. Der Galerist vertritt auch Mark Wallinger, der in diesem Jahr den britischen Pavillon in Venedig gestaltet. Seine Porträtserie "We know what we like" aus dem Jahr 1990 kostet bei Svestka 90.000 Mark. Drucke von Paul Morrison, der im letzten Jahr durch die Wanderausstellung "Colour me blind" in Deutschland bekannt geworden ist, werden bei "Asprey Jacques" aus London angeboten. Bei dem Kölner Galeristen Michael Janssen kostet das Acryl-Bild "Amber" des Briten 11.000 Pfund. Die Preise hätten sich in den letzten drei Jahren verdoppelt, so Janssen. Jetzt sei aber ein angemessenes Preisniveau erreicht. Neue Künstler hat auch der Londoner Galerist Andrew Mummery im Gepäck. Schon zu Beginn der Messe ging eines seiner teuersten Objekte, ein abstraktes Bild von Graeme Todd, für 7.000 Euro weg. Auch Mummery teilt die durchweg positive Erfahrung seiner Kollegen. Das internationale Publikum in Berlin sei weniger konservativ als in seinem Heimatland. Ihn überrasche das rege Interesse der Besucher an der 3.400 Euro teueren "Vakuum"-Skulptur mit roten Plastikblutflecken von Richard Forster, für die es in London einen erheblich kleineren Interessentenkreis gibt.