Jon Thompson: Machen und Zeigen in den Arbeiten Pepi Maiers. In: Pepi Maier: Arbeiten am Objekt, Linz 1995 Auf den ersten Blick erscheinen die Arbeiten Pepi Maiers wie einfache Prozeßskulpturen. Dies liegt wohl an ihrer stark akzentuierten Stofflichkeit und an der Art und Weise, in der sie die körperlichen Eigenschaften behalten, die ihnen bei ihrer Entstehung zuteil werden. Eine Sichtweise, die sich bei näherem Hinschauen als Mißverständnis zu seinen Objekten, es erfaßt diese aber ganz bestimmt nicht in ihrer Gesamtheit. Für Pepi Maier wird der Prozeß niemals zum Selbstzweck, dieser muß vielmehr stets im Dienste klar definierter Ziele stehen. Pepi Maier beginnt mit sorgfältig ausgewählten Alltagsobjekten, die uns allen von zu Hause oder aus dem Büro bekannt sind: einen Kehrbesen, ein Nudelholz, Haushaltsutensilien, ein tragbarer Kassettenrecorder, ein Computer - und rekonstruiert das Objekt mittels eines ausgeklügelten Verfahrens der Materialdekonstruktion als Abbild seiner selbst. (...) Um nun das Objekt als sein eigenes Abbild zu rekonstruieren, muß Pepi Maier etwas herstellen, was sich nicht anders denn als 'neues' Rohmaterial bezeichnen läßt. Dies erreicht er durch gründliche Homogenisierung seines 'alten' Bestandes. Nach sorgfältiger Durchmischung der Trockenmaterialien braucht er nur mehr den Harzbinder hinzuzufügen, und sich mittels der vom Original gewonnenen Form an die Herstellung des Abgusses machen. Über das Verhältnis, das zwischen Pepi Maiers ausgewählten Objekt und dessen rekunstruierter Form (dessen Neuerstehung als dreidimensionales Bild) herrscht, lassen sich einige wichtige Beobachtungen anstellen: Erstens hat das neu entstandene Objekt zwar die exakt gleiche Form angenommen, doch wurde seine funktionale Bedeutung unterdrückt bzw. vollkommen vernichtet. Zum zweiten ist ein Ding, das als produzierter Artikel oder als Einheit zusammengesetzter Teile angetreten war, zu dem geworden als das es jetzt vorliegt: eine homogene skulpturale Einheit im wahrsten Sinn des Wortes. Und drittens wurde das Objekt einem Abstrahierungsprozeß unterzogen, einer Vergeistigung, wenn man will; es wurde vermöge einer sorgfältig geplanten Begriffsverschiebung in eine Darstellung verwandelt. In seiner neuen Version benennt er als Subjekt sein altes Selbst in gleicher Weise, wie Wörter die ihnen zugewiesenen Dinge benennen. Dieser zuletzt genannte Faktor weist die 'Sprache' als zentrales Thema in Pepi Maiers Arbeit aus. - Über die augenfällige, übergreifende Metapher der systematischen Dekomposition und der entropischen Reduktion hinaus, welche die Arbeiten auf höchst subtile Weise im Spannungsfeld kritischer Politik ansiedelt, stellen Pepi Maiers Objekte auch wichtige Fragen über das Verhältnis zwischen dem Kunstwerk und der Sprache im allgemeinen. Die beiden wichtigsten in diesen Stücken wirksamen linguistischen Tropen sind die Metonymie und Tautologie. Pepi Maiers 'neugeformte' Objekte sind nur zum Teil sie selber, dennoch wollen sie das ursprüngliche Ding als Bild in seiner Gesamtheit abrufen. Im Fall der massiven Objekte, wie Nudelholz, Barhocker oder Bücherregal, geht ein Teil des Materials verloren. Im Fall der Konsumartikel, wie Kassettenrecorder und Computer, die Hohlräume in ihrem Inneren aufweisen, verschwindet ein Teil des resultierenden Bildes. In beiden Fällen stellt das fertige Werk eine entscheidende Frage bezüglich der Adäquatheit linguistischer Wiederholung - in Form der Benennung durch das Bild - zur vollständigen Erfassung des gemeinten Subjekts. Beide spezifischen Tropen agieren mit einer Art Abwesenheit oder Mangel. Mittel metonymischer Auslöschung nimmt die Welt alltäglicher Dinge eine Gebärde an, die zugleich witzig und hoffnungslos ist. Während die Tautologie einen poetischen Übergang vom Erhabenen zum Lächerlichen nahelegt, verharrt das rekonstruierte Objekt in absurder Ernsthaftigkeit. Von Marcel Duchamp stammt der Ausspruch, alle Kunst sei im Grunde tautologisch. Eine Verifizierung von Kunstwerken sei nur msglich durch Bezugnahme auf ihre eigene, besondere Version der Wahrheit. Und Pepi Maiers Objekte bieten eine eindrucksvolle Bestätigung dieser radikalen Sicht: durch Neugestaltung mit den Mitteln einer sorgfältig artikulierten Materialsparsamkeit. Die Übersetzung eines Stoffs in ein Bild fügt nichts Wesentliches hinzu, und dort wo Verluste auftreten, werden diese als Dauerzustand der darstellerischen Funktion des Bildes wahrgenommen. In dieser Hinsicht - was seinen Anspruch betrifft, eine exemplarische ökonomische Einheit zu sein, wird jedes Werk mittels tautologischer Abgeschlossenheit dem Zugriff aller 'Relativität' entzogen: es genügt sich hinfort selbst. Nur die stets wirkende Evidenz des Prozessualen - die enge Verknüpfung zwischen 'Machen' und 'Zeigen', rettet es von einer erstickenden Mimesis und gibt es auf unzweideutige Weise dem Reich des 'Realen' zurück. Für Pepi Maier ist der Prozeß verwandt mit einer verdinglichten Erzählung, die nicht dazu da ist, das rekonstruierte Objekt in eine zwingende Realität einzuordnen, sondern die auch das betrachtende Subjekt in Relation zur materiellen Geschichte des Werks und zu dessen zeitlicher 'Dichte' stellt.