Pressemitteilung THE GLOBE Ausstellung im Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis, Gallusstraße 10 Bregenz / Austria vom 13. April bis 12. Mai 2002. Eröffnung: Freitag 12. April 2002 - 20 Uhr Es spricht: Ronald Pohl Annatol Attivic, GUS, Laura Bartleby, USA, Dr. Andreas Bichlbauer, A, Sean Born, IR, Paz Brotota-Maral, MEX, Brian Cameo, USA, P.C. Cumcuncock, SA, Natasha Chaldej, RUSS, Sandrine Garcin, F, Sara Lyssenski, CZ, Paul McGuffin, GB, Clemens Mueller, D, The Northsea Circle, BEL, Mauricio Palladino, I, Nico Reed, GB, Jean- Luc Rondy, CH, Lena Rost, D, Azadeh und Shadayeh Shadastan, IRN, Andre Solanos, GR, Ruud Spelmans, NL, Joe Tearman, GB, Michel Vosz, F, Maria Wawumba, ZAI, Juri Yovanovic, SRB, David Ziegelman, D. Kurator: Philipp Preuss 25 Szenen Positionen junger KünstlerInnen im Dialog zwischen dramatischer und bildender Kunst The globe zeigt verschiedene Positionen junger, internationaler KünstlerInnen,die alle das Thema "Inszenierung" aufgreifen. Es handelt sich dabei um interdisziplinäre Arbeiten (Malerei, Installation, Video, Performance, Skulptur, Fotografie)der bildenden Kunst,die sich aus dem Kontext der dramatischen Kunst, des Theaters und des Films,herausgebildet haben. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf jüngsten, teils unbekannten Positionen, die auf eine medialisierte Gesellschaft reagieren und so hinter die Kulissen einer virtuellen Realität blicken wollen. "The globe" zeigt Mechanismen der Rezeption und interpretiert das Regiehandwerk auf einer Ebene der Auswahl, als Subtext einer Hyperrealität. Frei nach Skakespeare´s Verszeile "All the world´s a stage and all men and women mereley players" untersuchen die Arbeiten das Einwirken theatraler Wirkungsformen in das öffentliche Leben. Selbstreflexive und -kritische Akzente thematisieren zudem einen gehypten Jugendkult (der älteste Protagonist ist 1968 geboren) sowie den internationalen Aspekt im Kuratieren globaler Positionen. Der Ausstellungstitel "The globe" bezieht sich einerseits auf das gleichnamige elisabethanische Theater-gebäude in London, andererseits zitiert er eine Arbeit des englischen Künstlers Joe Tearman (geb.1973): Tearman kreiert eine Münze mit dem Konterfei Skakespeares, seine Vision von einer zukünftigen Weltwährung, die Euro und Dollar ablösen soll: ";One Globe" . Ein wichtiger inszenatorischer Ausgangspunkt ist die Sichtweise auf unauratische Gegenstände wie Requisiten und Kostüme aus dem theatralen Bereich, sowie deren Transsubstantation, sobald sie im abgeschlossenen musealen Kontext anzutreffen sind. Die Berliner Bühnenbildnerin und Künstlerin Lena Rost (geb.1969) untersucht hierfür die Produktionsmittel verschiedener Theater, die das Stück ";Kunst" von Jasmine Reza in ihrem Spielplan hatten und haben. Das Stück, das um ein gekauftes Bild der informellen Malerei kreist ( "Ein weisses Bild um so viel Geld") wird zur Grundierung von Rosts konzeptueller Herangehensweise: Sie sammelt die Requisiten und die für die Produktion hergestellten Bilder, stellt sie im White Cube aus und transportiert sie so aus dem technisch handwerklichen Bereich der Theatermalersäle in die diskursive Rahmenbedingung einer zweiten Moderne.(im wahrsten Sinne des Wortes) Skulpural im Form von Rauminterventionen verwendet die afrikanische Künstlerin Maria Wawumba aus Zaire hingegen Fundusmaterial. Ihr Interesse gilt dem Entschwinden, dem Unsichtbarmachen von Gegenständen. Ihre Arbeiten, allesamt titellos, überziehen das gesamte Ausstellungsgebäude viral und vermitteln durch ihre Reduktion eine radikale Kritik am westlich orientierten Kunstevent. Ähnlich distanziert zu westlichen Vereinahmungstechniken, aber mit viel Humor präsentieren sich die zwei iranischen Zwillingsschwestern Shadayeh und Azadeh Shadastan in ihrer Arbeit über Gedankenübertragung auf dem west-östlichen Diwan:"Twins" Naturgemäß beleuchten die Künstler auch die Arbeisbedingungen im kreativen Prozess einer Theaterinszenierung. Die Organisation eines Theaters wird analysiert, die Arbeitsabläufe, der Probenprozess usw. Eine wichtige Arbeit ist dabei ";Star light" von Clemens Müller (geb.1976) eine Videodokumentation über Lichtstatisten, die spätestens nach der Generalprobe im Schatten verschwinden. Die Videoarbeit zeigt ihre statische Arbeit, das Warten und Verharren, die Verwandlung jeglicher Individualität in eine Projektionsfläche für das wichtigste Ingredienz der Rezeption: für Licht. Andere Arbeiten, wie die der US Amerikanerin Laura Bartleby (geb.1972) konzentrieren sich auf das Wesentliche des Theaters, auf die Sprache und stammen direkt aus dem Fundus der Theaterkunst: Monologe in skulpturaler Form, wie ihre berühmte Arbeit "Moby Dick" . Ein Monolog aus Melvilles Werk, auf Tonband aufgenommen, darüber ironisch reduziert: ein Wasserglas mit schwimmendem Goldfisch. Um das Vergessen und das daraus resultierende Schweigen zu überlisten, hat das Theater einen schönen Beruf erfunden. Den des Souffleurs. Als Stichwortgeber, vor allem für die Macht, versteht die französische Künstlerin Sandrine Garcin ihn in ihrer Installation ";La souffleuse" Die Medienbühne auf der die Mächtigen stehen, zeigt der Schweizer Jean-Luc Rondy im Foyer des Palais Thurn und Taxis. Er inszeniert eine fiktive Pressekonferenz vor blauem Vorhang, (cf. die Umfärbung des konventionellen roten Theatervorhangs bzw. Umfärbung von Rot in neutrales Blau in der Werbeästhetik 1) vor einem Strauß von Fernsehmikros. Der Redner heißt:Godot . Parallel ist in diversen Medien die Arbeit "Last Secret" zu bestaunen, die Rondys streng geheimen Bankomatcode Unter die Leute bringt. Im Schnittpunkt von Theater und Performance abeitet auch der US Künstler Brian Cameo (geb.1970) mit seiner jüngsten Videoarbeit "Kokoons" die das Zusammentreffen von Figuren seines Kollegen Jeff Koons zeigt. Die zum Leben erweckten Figuren finden in einer Orgie zueinander, deren Höhepunkt der Exodus einiger Beteiligten ist.. Interessant der Ansatz von Berufschauspielern. Der Grieche Andre Solanos porträtiert Schauspielerkollegen, die alle eins gemeinsam haben. Ihre Figur lautete " Andy Warhol" der bekannt für seine Polaroidaufnahmen der New Yorker High Society war. Solanos präsentiert konsequenterweise den Star der Pop Art als Kleindarsteller diverser Hollywoodfilme ( ";The Doors" "Studio " oder ";Austin Powers") in Form von Polaroid Screenshots in der Arbeit: One Second Andy 24 Times. An einer weiteren Ikone der modernen Kunst arbeitet sich der Brite Malcolm McGuffin ab. Sein öffentliches Leben findet in Form einer Alfred Hitchcock Maske statt. McGuffin macht in seinen Aktionen (die er ";tries") benennt) durch seine Präsenz jedes öffentliche Ereignis zu einem fiktiven Alfred Hitchcock Film, in dem er dessen Kurzauftrittsritual verwendet und das mediatisierte Leben mit einem fiktiven "Inszeniert !" Stempel versieht. Nicht erst seit Slavoy Zizeks Arbeit über Hitchcock und Lacan ist das "System Hitchcock" eine der wichtigsten Gedankenkomplexe der Moderne, die Anthropologie, Kunst, Film und Psychologie vereint. McGuffin verwischt die Spuren der Fiktion und findet die Realität im Inszenierten. Er ist präsent-es ist fiktiv. Mc Guffins skulpturale Arbeiten sind komplimetär dazu kein verfilmtes Leben, sondern dialektisch eindeutig: "verlebter Film". Der alte Disput zwischen Gefühlstheater (im Sinne Stanislawskis) und eines politischen Theaters (im Sinne Meyerholds und Brechts) zeigt sich interessanterweise auch in der Herangehensweise dramatischer Künstler, die sich bildnerisch der Thematik Theater annähern. Der Georgier Anatol Attivic,der als Theaterregisseur und Dramatiker arbeitet, ist nicht sosehr an dem Körper und der Sprache und den Gefühlen interessiert, sondern konzentriert sich eher auf eine politische Bildsprache. Seine Installation ";Paradies" zeigt (russische) Fellmützen, die, eingekeilt von Werbebanden,sich motorisch bewegen und so wie kleine undefinierbare Nagetiere wirken, die ziemlich die Orientierung verloren haben. Ein plakative, und so direkt wirkende Interpretation der jüngsten osteuropäischen Geschichte, eine Arbeit oszillierend zwischen politischer Bühne und zoologischer Vorführung. Anders die soziologische Herangehensweise der russischen Theaterfotografin Natasha Chaldej, die, Malewitschs berühmtes schwarzes Quadrat zitierend, 49 belichtete, aber unentwickelte Filmdosen nach Bregenz schickt. Der Rezipient ist aufgefordet , die von Freunden, Verwandten, aber auch unbekannten Passanten aus St. Petersburg gemachten Fotos selbst entwickeln zu lassen. " Fotografische Kuckuckseier aus einem Entwicklungsland", wie Chaldej in einem Gespräch sagte. Sie will damit aufzeigen, wie Zensur bzw. Selektion von Bildern durch Medienagenturen Meinungen manipulieren können und was es umgekehrt bedeutet, sich von einer Sache selbst ein Bild machen zu müssen. Ein anderer Fotograf, der inzwischen schon etablierte Sean Born aus Irland, zeigt zum ersten Mal in Österreich seine inszenierten Fotoarbeiten, deren Vorlagen nicht zufällig aus den Geschichts- und Kunstbüchern stammen. Wie auch in den Arbeiten von dem Franzosen Michel Vosz (geb.1969) und dem Serben Yuri Jovanovic ist hier das Politische im Scheinwerferlicht, die Künstler kondensieren so das dramaturgische Konzept, das zunächst ihren Theaterinszenierungen zu Grunde liegt und komprimieren es in Form von Installationen und Objekten. Vosz zeigt Ausschnitte aus seiner dramaturgischen Herangehensweise an Büchners ";Dantons Tod". Er montiert die Geschichte um die französische Revolution mit den Thesen der terroristischen Vereinigung "RAF" . Yuri Jovanovic, Bühnenbildner und Bildhauer in Belgrad, zieht aus dem Nato Bombardment und der realen Revolution seiner Heimatstadt neoliberale Konsequenzen. Er entwickelte den TUDAâ. Den originalen serbischen Attrappenpanzer (engl.:tunkdummy), der von den Nato Bombern konsequent mit echten Panzern verwechselt wurde. Er arbeitet dabei mit amerikanischen Satellitenfotofirmen zusammen, die die jeweilige Positionierung eines TUDAS® erfassen und aufnehmen. Eine Arbeit, deren Materialität Sperrholz und High Tech vermengt und dabei eine Attrappenwelt vorführt, in der echte Gewalt zwar nicht vorstellbar, aber jederzeit möglich ist. Ein TUDA® ist für Jovanovic nichts anderes als ein Exportartikel, der, spätestens seit Coca-Cola, in der Warenwelt eine Nation definieren kann. Völlig konträr dazu der Italiener Maurizio Palladino (geb.1977). Er bezieht sich auf Leibniz und seinen Begriff des ";theatre de naturae et morte" Palladinos ";collezione immortale" bricht ironisch die museale Objektivierung, seine Sammlung besteht aus Fetischobjekten morbidester Art. Gegenstände, die in Form von Zeitungskurzmeldungen über Rekordauktionen durch die Medienwelt geistern, wie z.B der Ast, der Ödon von Horvath in Paris erschlagen hat (Andre Breton persönlich hat ihn dem kriminologischen Museum in Paris abgekauft und anschließend Walter Benjamin geschenkt, der ihn anschließend in Le Lavandou, kurz vor seinem Tod, Bert Brecht ins skandinavische Exil nachschicken wollte, wobei der Ast auf Grund mangelnden Portos in einem italienischen Postamt hängengeblieben ist2), sowie das Bett, in dem Ingeborg Bachmann in Rom verbrannt ist oder der noch aus der UdSSR geschmuggelte ausgestopfte Schäferhund von Adolf Hitler:Blondie. In Bregenz wird sein Objekt XXIII gezeigt: Der Horvath Ast. Unspektakulärer naturgemäß die Bilder: die mexikanische Bühnenbildnerin Paz Brototo-Maral (geb.1975) zeigt vergängliche herbstliche Landschaftsbilder auf "Post ist". Der deutsche Maler und Filmausstatter David Ziegelman stellt seinen "Himmel über Berlin" vor:. Die tschechische Regisseuse Sara Lyssenski präsentiert alte Filmplakate von bzw. über ihre Mutter und der holländische Maler Ruud Spelmans zeigt seine zum ersten Mal seine auf Öl gemaltenComputerlandschaftsbilder:Romantics. Die belgische Künstlergruppe "The Northsea Circle" wird in einer Videodoku vorgestellt und die englische Videokünstlerin Nico Reed schlußendlich,schafft die perfekte Symbiose von Malerei, Cinema und Medienkunst: die subtile Videoarbeit "Pollock" zeigt ein abstraktes Gemälde auf der Oberfläche eines Plasmascreens, der dargestellte schwarze Strich entpuppt sich als Türspalt einer Kinotür. Dahinter: Dialoge und Musikfetzen einer Spielfilmbiografie über den Formverweigerer par exzellence: Jackson Pollock. Klarerweise kann sich bis zur Eröffnung am 12.April 2002 noch diverses ändern aber alle Arbeiten werden versuchen das Theater im musealen Bereich zu positionieren, im Sinne von Carl Hegemann, Dramaturg an der Volksbühne Berlin, der meinte: ";Das Theater gehört ins Museum ". 1Blues: Global color;Freshman/Njarszecski, N.Y.Offspring, p.67:The blue curtain 2Rear window/Fresh widow: Prof.Marc Springfield/Buffalo USA, Writings on Hitchcock and Modern Art; p.67-72 Paul McGuffin 3vgl. Briefwechsel Brecht/Benjamin: Illuminationen;Suhrkamp Verlag Ausstellungsdauer: 13. April bis 12. Mai 2002 Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 14 - 18 Uhr Sonn- / Feiertag 10 - 12 Uhr u. 14 - 18 Uhr