Dr. Josef Schweikhardt: Lithographie als Botschaft Auf seinen Reisen quer über den Globus hat Dieter Josef als gelernter Photograph immer die Kamera bei sich und dokumentiert ausführlich das bunte Leben der vielfältigsten Kulturen. Da er sich als Kosmopolit versteht, sind auch seine druckgraphischen Arbeiten geprägt von den multikulturellen Einflüssen, sowohl in Thema als auch in den Techniken. Thematisch arbeitet er gewissermaßen mit ethnologischen Schichtungen, indem er verschiedene Motive übereinanderlagert und verfremdet und so poetische Mehrfachbilder erhält, die den Rahmen der einzelnen Kulturen überschreiten und in eine allgemeinere Sphäre der kreativen Verständigung weisen. Die von ihm geschaffenen Lithographien sind echte Originalgraphiken in kleiner Auflage: sie verarbeiten Filme, die er händisch übermalt und auf Metallplatten kopiert, sie werden auch mit klassischen Lithosteinen zusammengedruckt und überhaupt druckt er sehr viele Formen ineinander. Vielleicht ist das sein ganz persönlicher Ausdruck von kulturellen Überschneidungen, Überschichtungen und einer Weltanschauung, die sich für ihn nur mehr durch mixed media printing darstellen läßt. Die Technik der Lithogrphie ist zwar europäisch, aber er verwendet japanische Spezialpapiere als Ausdruckträger. Dieses sogenannte Tosa- Washi Papier besteht aus groben und sehr feinen Papieren, die feucht zusammengepreßt werden. Dieses besondere Japanpapier erlaubt ihm, Farben in einem Druckvorgang in unterschiedlichen Graduierungen in die Gesamtkomposition einzubinden. In mehreren Druckvorgängen in der Druckpresse kann er auch Farben "wegdrucken", indem er weißes Makulaturpapier gegen das druckfrische Original preßt und danach abzieht. Auf diese Weise wird die Farbe reduziert, minimiert und mit dem bestehenden Farbuntergrund neu aufgemischt. Durch diese "experimentellen" Arbeitsweisen können sich malerische Effekte ergeben, die sich trotz eines strengen Konzeptes nicht vorauskalkulieren lassen, optische Strukturen also, die man mit herkömmlichen Maltechniken kaum erreichen kann. Er nennt dies "Malen mit der Farbwalze" und steht damit ganz bewußt in einer handwerklichen Tradition, die Lithographie nicht als Massendruckgraphik versteht, sondern als ein individualästhetisches Ausdrucksmittel für grenzüberschreitende Botschaften. Der Historiker Samuel P. Huntington spricht vom "Kampf der Kulturen" nach dem Kalten Krieg, und daß trotz internationalen, ja globalen Zusammenschlüssen die Welt in sieben gegnerische Kulturkreise zerfallen wird. Dieser nicht eben ermutigenden Diagnose in Sachen Nationalismus und auch Provinzialismus setzt Dieter Josef in seinen Arbeiten den friedlichen, kosmopolitischen Kulturtransfer entgegen. Er versteht seine Bilder als stabile Kulturnachrichten jenseits mobiler Mdienchimären, die andere und auch fremde Kulturen miteinander in Beziehung setzen. Dieter Josef plädiert für optische Verstandesleistungen, die nicht mit dem Inventar des klassischen Symbolismus Gedanken anregen wollen, sondern durch poetische Verklammerung von Bildinhalten eine Art visueller Diplomatie in Gang bringen. Daß dies tatsächlich gelingen kann, zeigen seine permanente Ausstellungen in unzähligen, auch den entferntesten Teilen der Welt.