Kunst gegen Rassismus In den Arbeiten von Adrian Piper wird das Politische konkret - dieStandard.at im Gespräch mit der Künstlerin dieStandard.at: Wie hat sich das Bild vom "Bösen schwarzen Mann" verändert? Adrian Piper: Wir haben in den Staaten gelernt, eine Sprache zu wählen, die Probleme verbirgt und rationalisiert. Es ist eine Stück Theater: Wir haben noch immer Ghettos und die ärmsten Menschen im Westen der Staaten. Aber wir finden immer neue Wege Probleme zu vermeiden, ohne sie richtig zu lösen. Die Staaten sind ja ein sehr junges Land, wir haben noch nicht so viel Erfahrung, wir haben noch überhaupt kein Bewusstsein. Es wird viele hunderte Jahre brauchen, bevor richtig kapiert wird, dass dieses Problem nicht weg geht, weil wir nicht richtig sehen wollen. Zumindest bin ich kein Sklave mehr. Vor zweihundert Jahren wäre ich noch eine Sklavin gewesen. Das ist ein Fortschritt, aber viel mehr an Verbesserungen gibt es nicht. In Europa ist das besser. Hier gibt es mehr Erfahrung im Umgang mit fremden Kulturen. Hier hat man in 30 Jahren geschafft, was die Staaten in 300 Jahren nicht zustande brachten. Die öffentliche Diskussion ist hier raffinierter und ehrlicher. Das erste Mal als ich nach Deutschland kam, war ich erstaunt über die detaillierte Diskussion. Es gab eine Bereitschaft zum Dialog, die es in Amerika nicht gibt. Wir haben die Waffen, und wenn wir nicht einverstanden sind, schießen wir einfach. dieStandard.at: Wächst nicht auch der Rassismus der Schwarzen gegen die Weißen? Adrian Piper: Natürlich. Jede Seite hat dasselbe Problem. Wenn man angegriffen wird, kommt es zur Selbstverteidigung. Es entsteht Ärger und Angst auf beiden Seiten. dieStandard.at: Wie ist die Situation für schwarze KünstlerInnen? Adrian Piper: Wir sind immer noch eine sehr große Minderheit. Die schwarzen KünstlerInnen, die eine Möglichkeit haben, sich zu präsentieren, werden genau beobachtet. Passen wir auch in diese Umgebung? Verhalten wir uns angemessen? Im allgemeinen gilt: Je älter ein/e KünstlerIn wird, desto mehr Anerkennung wird ihr oder ihm entgegen gebracht. Bei schwarzen KünstlerInnen jedoch gibt es eine ganze Generation die ignoriert wird. Die sind natürlich ärgerlich und bitter. dieStandard.at: Neben dem bösen, schwarzen Mann bekommen wir von den Medien vor allem sexualisierte Frauen und Männderbilder präsentiert. Wie gehen sie mit diesen Stereotypen um? Adrian Piper: Es ist eine große Herausforderung mit Stereotypen zu arbeiten ohne missverstanden zu werden. In "Vanilla Nightmares" verwende ich stereotype Bilder. Ich arbeite mit dieser Hypersexualität von schwarzen Frauen und Männern. Wichtig ist, immer einen Titel darauf zu setzen, um klar zu machen, dass ich diese Stereotype nicht unterstütze. Es gibt natürlich auch Künstlerinnen, die diesen Stereotypen entsprechen. Das ist schrecklich. Auch ich werde mit stereotypen Bildern konfrontiert. Die Menschen haben ihre Vorstellungen wie ich mich als helle, schwarze Frau zu verhalten habe. Es gibt viele Leute, die eine nette, weiße Frau erwarteten - und haben mich bekommen. Das hat viele verwirrt und viele wollen mit mir auch nichts zu tun haben. dieStandard.at: Sie begannen in den 70er Jahren Performances im öffentlichen Raum zu machen. Öffentliche Störungen um Vorurteile/Vorverurteilungen, stereotype Ansichten aufzudecken. Performances verlangen von der Künstlerin sehr viel ab. Der öffentliche Raum ist auch immer mit einer gewissen Schutzlosigkeit verbunden. Adrian Piper: Ich fand diese Performances sehr schwierig. Ich fühlte mich immer in Gefahr. Ich wusste, dass ich die Reaktionen der anderen Menschen nicht beeinflussen kann. Aber ich erkannte, wie anders ich sein konnte. Soziale Normen sind sehr einengend. Es muss eine Balance dazwischen geben, damit jeder Mensch einzig sein kann. Tatsache ist, dass jeder Mensch einzig ist. Und wenn wir das nicht sein können, ist etwas schief gegangen. dieStandard.at: In "The Mythic Being" sammelten sie Erfahrungen als schwarzer, junger Mann. Wurden sie dabei nie als Frau erkannt? Adrian Piper: So weit ich das wahrnehmen konnte, wurde ich nie als Frau erkannt. Ich wurde als junger Mann angenommen. Ich hatte Erfahrungen wie sie Männer haben: konnte ganz frei auf der Straße gehen, egal welche Uhrzeit und Umgebung. Ich hab mich in die U-Bahn gesetzt, ganz breit, so wie Männer das tun. Das war sehr befreiend für mich. Männer bekommen erlaubt - auch von Frauen - zu schauen. Frauen nehmen daran Teil, indem sie den Blick senken. Ich konnte schauen - auch Frauen anschauen - zwar aus anderen Gründen als Männer - ohne in Konflikt zu kommen. Dieses uneingeschränkte Schauen war sehr eigenartig. dieStandard.at: In einem Spike Lee-Film gibt es under anderm die Grunderkenntnis "schwarze Frauen bekommen zumindest einen Job". Haben es schwarze Frauen tatsächlich einfacher als schwarze Männer? Sind sie nicht neben dem Rassismus auch viel mehr mit Sexismus konfrontiert? Adrian Piper: Ich glaube nicht dass es Frauen leichter haben eine Stellung zu bekommen. Vor allem ist es schwieriger für Frauen höhere Stellungen zu bekommen. Sexismus ist natürlich auch ein Problem. Für Frauen ist es viel schwieriger sich durchzusetzen, vor allem auch im gebildeten Bereich. Kunst gegen Rassismus Adrian Piper seit 1965 Kunst zum Verstören und Genießen