Andere Dimensionen Die außergewöhnlichen Skulpturen von Maria Lassnig sind erstmals in einer Ausstellung in Wien zu sehen. Von Patricia Grzonka Es kommt einer kleinen Sensation gleich, dass diese Objekte überhaupt den Weg in die Öffentlichkeit finden: seltsame, zum Teil skurrile Gebilde, deren Formensprache zwischen erkennbarer Figürlichkeit und angedeuteter Abstraktion liegt. Maria Lassnig, die ungekrönte Malerkönigin Österreichs, hat während ihres gesamten Arbeitslebens, praktisch im Verborgenen, ein sehr kleines, aber ausgezeichnetes Oeuvre an Plastiken geschaffen, das nun in der Wiener Galerie Ulysses erstmals - unter dem Titel "Eine andere Dimension" - gezeigt wird. Gerade mal zehn Arbeiten umfasst der Umfang dieses Werkgenres, Skulpturen, die zwar im kontinuierlichen Prozess neben den weitaus bekannteren Malereien entstanden sind, aber, so Lassnig, "durchaus im Dialog" mit diesen zu verstehen sind. Die Themen, mit denen sich Maria Lassnig bisher schon eingehend beschäftigt hat, sind auch in den Skulpturen zu erkennen: die Suche nach einer Form für die "permanente Introspektion" (Lassnig), die in den "Körperbewusstseinsbildern" realisiert ist und der Maria Lassnig ihre eindrücklichsten Bildfindungen verdankt. Gleichzeitig stellen die Plastiken, die in den verschiedensten Materialien "Kunststein, Bronze, Aluminium" entstanden sind, auch kleine szenische Verdichtungen dar, die Geschichten mit Titeln wie "Eine Art Pietà", "Die Verlorenen" oder "Thron des Wiesels" zu illustrieren scheinen. Sie öffnen den kleinen Skulpturen-Kosmos in eine neue "Dimension", nämlich die der Bewegung. Immer wieder hat Maria Lassnig, 1919 in Kärnten geboren, arbeitsintensive Auseinandersetzungen mit anderen Medien gesucht. So produzierte sie, nachdem sie 1968 nach längeren Auslandsaufenthalten, u. a. in Paris, nach New York übersiedelt war, auch Zeichentrickfilme, die für ihre spätere Arbeit Bedeutung erlangten. Außerdem ist parallel zum bildnerischen Schaffen ein umfangreiches Textwerk entstanden - biografische Aufzeichnungen über die Kindheit, hauptsächlich aber Reflexionen zum Umgang mit Erkenntnisprozessen sowohl im privaten Bereich als auch in der Gesellschaft allgemein (gesammelt im von Hans-Ulrich Obrist herausgegebenen Band: "Die Feder ist die Schwester des Pinsels-, DuMont-Verlag, Köln 2000). Mit den Skulpturen schließt sich nun ein weiterer Medien- und Materialienkreis der 83-jährigen Künstlerin. In den letzten Monaten ist Maria Lassnig gleich mehrmals mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet worden, was immer auch mit großen Ausstellungen verbunden war: Im November 2001 erhielt sie in Hannover den Kunstpreis der Norddeutschen Landesbank, dieses Frühjahr den hoch dotierten Schweizer Roswitha-Haftmann-Preis in Zürich - und schließlich, vor wenigen Wochen, den nur alle fünf Jahre vergebenen Rubens-Preis der Stadt Siegen, den neben Maria Lassnig schon Maler wie Cy Twombly oder Francis Bacon zugesprochen erhielten. "Maria Lassnig: Eine andere Dimension" Galerie Ulysses, Opernring 21, 1010 Wien, Tel.: 01/587 12 26 Bis 26. Juli 2002