FILMRISS / RUN 400 Großplakate, die eine seltsame Bildstörung zeigen, sind im August auf den Plakatflächen Wiens zu sehen. Bei genauerer Betrachtung ist festzustellen, dass diese eigenartigen Bildkörper nur aus einem vertikalen Streifen bestehen, der durch sture Wiederholung über 90 Prozent der Fläche ausfüllt. Die unterschiedlichen Plakate dieser Intervention wurden dabei an einer vorher definierten Stelle einfach abgeschnitten, und ein schmaler vertikaler Streifen so oft wiederholt, bis das Eliminierte wieder aufgefüllt ist. Dabei werden sämtliche Informationen, die sonst auf dem Plakat vorhanden waren, verdrängt. Anstelle des erzählerischen oder illustrativen Kontextes des Originals tritt nun das aufdringliche Moment der Repetition, das ein Detail des Plakates bildmächtig in den Vordergrund stellt, und daraus eine stereoide Uniform schneidet. Diese Intervention an den Produkten des Werbealltages, die das Gewohnte auslöschen und zugleich neu konstruieren, ist ganz einem fundamentalen Funktionsprinzip der Werbung nachempfunden und deckt dieses dadurch auf: Reduktion und Wiederholung sind zwei Wesenszüge angewandter Werbung, - sozusagen deren Mantra, das durch die iterative Ausbreitung eines Bild- und informationsbestandteils hier verdeutlicht wird. Wie bei einem sich anbahnenden Filmriß scheint die Botschaft dabei in einen Stau zu geraten - in ein semantisches Zwischenreich, wo sowohl Entleerung und Aufladung des Dargestellten möglich sind. Das geklonte Fragment fügt bildhaft nichts Neues hinzu, aber die Geste der beharrlichen Repetition offenbart schlicht die Basisformel medialer Vermittlung: Redundanz! Die Funktionen des "Auslöschens" und der "Erinnerung", wie sie WJT. Mitchell in Bezug auf den Ikonoklasmus formuliert hat, sind im vorliegenden Plakat auf besondere Weise visualisiert. Das ursprüngliche Werbebild - das hier nur mehr fragmentarische Qualität aufweist, ist als erzählerischer Kontext ("picture") ausgelöscht. Zugleich aber entsteht der Anspruch auf die Existenz eines identitätsstiftenden Kernes ("image"), der - weil im Plakatmilieu angesiedelt - umso mehr die repräsentativen Eigenschaften des ehemals intakten Werbebildes einmahnt. Die Magie des Fragments übt nun wie eine Krücke die Funktionen des ursprünglichen Plakates aus, und wir müssen eingestehen: wenn es auf das Wesentliche ankommt, reichen weniger als ein Zehntel der Fläche aus, um uns gründlich zu informieren. Der Rest ist das, was wir gerne als Plakat-Kultur bezeichnen.