Götz Bury: Präsentation Doris Krüger. 03.2001 karajan centrum. star_project 01. the media art award. In einer 6-teiligen Serie stellen wir die zum Preis geladenen KünstlerInnen vor, heute Nr. 3: Doris Krüger, 1974 in Wien geboren, ist die "Wissenschaftlerin" unter den TeilnehmerInnen am star_project 01. Ihre Arbeitsweise ist geprägt durch geradlinige, zielgerichtete Vorgehensweise, durch analytisches Denken, präzise Sprache und naturwissenschaftliches Interesse. Sie hat einen starken Bezug zur Architektur, der nicht zuletzt durch ihre Tätigkeit als Architekturfotografin geprägt ist. Ihre Arbeiten basieren auf der Erforschung von Raum und Zeit, von Realität und Virtualität, von Dokumentation und Fiktion. Ausgehend von getreuer Wiedergabe und exakter Speicherung (beispielsweise in Dokumentationsarchiven) dessen, was uns umgibt, wandelt Doris Krüger Realität ab, wie Erinnerungen, die ja auch nicht die getreue Abbildung von Realität sind, sondern komplexe Verknüpfungen von oft fragmenthaften, vielschichtigen Bildern, Emotionen und Querbezügen, die in vielen Lagen, durchaus unorthodox, geschichtet und neu zusammengesetzt werden. Doris Krüger konstruiert dreidimensionale Räume - ähnlich einer Architektin - aus Bild und Klang, mit starken Bezügen zu real existierenden Orten. Ein 6 Meter langes Panorama, das sie aus alten Fotografien am Computer "synthetisiert" hat, zeigt eine fremdartige Oasenlandschaft, etwa in der Art, wie Captain Kirk sie auf einem fernen Planeten vorgefunden haben könnte, wo man ihm eine erdähnliche Situation schuf, der aber eine Künstlichkeit zu eigen ist, die ein wenig schaudern läßt. Hier wurden bewußt Raum und Zeit manipuliert, um ein kulissenhaftes Paradies zu konstruieren. Grundlage, für diese Art des Kunstschaffens, ist die Erkenntnis einer Wahrnehmungsverschiebung, die dadurch entsteht, daß ein Betrachter heute kaum noch "live" betrachtet, sondern in erster Linie indirekt, unter Vermittlung verschiedenster Medien. Die Künstlerin konstruiert ihr Werk daher entweder auf seine mediale Erscheinung hin, oder sucht auf diese Einfluß zu nehmen, oder aber arbeitet nur noch mit einem dieser Medien als Medium. Denn der, in der Regel körperlich nicht anwesende Betrachter ist heute, rein zahlenmäßig, weit in der Überzahl. Seine Meinung über das Gesehene / Erlebte zählt demzufolge viel mehr, als die Meinung derer, die das Reale (Werk) tatsächlich vor Augen hatten. Doris Krügers Klanginstallationen hängen eng mit ihren Bildräumen zusammen, denen über den Klang zusätzliche Dimension verliehen wird, oder die sogar eigenständiges Volumen erhalten. Das können Fotos von der Fußball-WM sein, die direkt vom Bildschirm abfotografiert wurden, um auf Folien gedruckt und jeweils in zwei Lagen geschichtet zu werden, mit durchscheinender Beleuchtung. Der sich nähernde Betrachter, nimmt das ohnehin bewegte Bild der Menschenmenge, in seiner Schichtung changierend, stärker bewegt wahr. Die mittels Lautsprechern aus den Bildern dringenden Jubelgeräusche, verstärken noch diesen Eindruck. Was sich uns hier im Grenzbereich der Fotografie zeigt, läßt den Übergang zur bewegten Räumlichkeit auffallend stark verschwimmen. In einer anderen Arbeit konstruiert Doris Krüger akustische Räume unter Zuhilfenahme von Sinustönen, die durch Überlagerungen im Raum Bereiche mit Verstärkungen und Auslöschungen entstehen lassen, so daß der "Betrachter", je nachdem, wo er sich befindet, ein sehr unterschiedliches Klangbild vorfindet. Durch Lichtschranken werden darüberhinaus unsichtbare Wände eingezogen, die die Töne während des Begehens beeinflussen, so daß der bewegte Besucher durch Rückkoppelung den Klangraum interaktiv gestaltet, und gleichzeitig den Eindruck eines vielschichtigen Klang-/Raumerlebnisses erfährt. Solche "Experimente" gehen auf Computer- Simulationsprogramme zurück, mit deren Hilfe sich zum Beispiel in der Architektur, bei noch nicht existierenden Gebäuden, die Raum- akustik klanglich nachbilden läßt, sofern alle Parameter, wie Oberflächenbeschaffenheit, Geometrie etc. bekannt sind. Das heißt, auch auf klanglicher Ebene arbeitet Doris Krüger mit der Simulation von Wirklichkeit, mit dem Konstruieren virtueller Räume in starker Verbindung zu realen Orten. Bilder aus dem Netz fließen in ihre Arbeit ebenso ein, wie eigenständige Kompositionen oder akustische Überarbeitungen vorhandenen Materials.