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Kunstberichte

Salzburg: "Sound of Art" im Museum der Moderne am Mönchsberg

Stille, Farbe und Lärm

Klassiker im Labyrinth der Töne und Bilder: Man Rays

Klassiker im Labyrinth der Töne und Bilder: Man Rays "Le violon d’Ingres" (1924). Foto: Man Ray Trust/Mdm/Hubert Auer

Von Krista Hauser

Aufzählung Was verbindet John Cage mit Günther Uecker? Karl Valentin mit Joseph Beuys? Die Antwort ist einfach. Jedenfalls für Toni Stooss, Direktor des Salzburger Museums der Moderne auf dem Mönchsberg. Cage und Co. kämpften, jeder auf seine Art, laut oder schweigsam, ernst oder humorvoll gegen das 19. Jahrhundert, gegen den Bildungsbürger und dessen Kunstbegriff.

Und da sich diese Bildungsbürger samt Geldadel immer noch (nicht nur zur Festspielzeit) in Salzburg herumtreiben, ist ihnen wohl die nostalgisch-freche Schau mit dem Titel "Sound of Art" gewidmet.

Da dröhnt, kreischt und flimmert es, da darf der Besucher selbst Höllenmaschinen bedienen. Er kann sich im Labyrinth echter und falscher Töne verirren, Klaviertasten anschlagen, die stumm bleiben, oder sich in der Beethoven-Koje an Mauricio Kagels Film "Ludwig van" erinnern.

Gezeigt werden 350 Arbeiten von 95 internationalen Künstlern: Malträtierte Instrumente, Installationen, Videos, Plattencover. Allesamt Dokumente einer spannenden Auseinandersetzung zwischen bildender Kunst und Musik, Virtuosität und Dilettantismus.

Ein spektakuläres Kapitel der Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts, das mit den Manifesten der italienischen Futuristen begann und immer noch nachwirkt.

Eine der jüngsten Arbeiten: Ein seltsames Mini-Karussell auf vier Rädern mit dem Titel "2-Taktviertel-fahrbares Rotationsquintett". Der junge Grazer Künstler Constantin Luser hat es 2006 mit Freunden gebastelt. Man kann damit tatsächlich eine kleine Runde drehen und zugleich mit Fahrrradklingeln und Posaunen spielen. Was nicht nur Kinder animiert!

Rückzug in die Stille

Die Schau gehört aber natürlich den Großen der Bewegung, ihrer bewussten Antikunst, ihrer Ästhetik des Scheiterns, auch ihrem Rückzug in die Stille.

Von Joseph Beuys stammt die Installation "Das Schweigen" aus dem Jahre 1973: Ein Filmkarton mit Versandetiketten des gleichnamigen Films von Ingmar Bergmann, darin fünf Filmrollen. Kein einziger Ton, nur Stille.

Ein Kontrapunkt gleich im ersten Raum der Ausstellung: Der heute 78jährige Günther Uecker hat sein "Terrororchester" nachgebaut, mit dem er einst Krach machte und verstören konnte. Auch sein schwarzes Piano, das er 1964 recht aggresssiv mit Nägeln und weißer Farbe dekorierte steht da.

John Cage, den 1992 verstorbenen Übervater vieler Künstler und Musiker, feiert Uecker mit einem Ensemble aus Büchern, Partituren, einem Video und einem Hammerschlag in Bronze. Auch der Österreicher Bernhard Leitner widmet Cage, der mit seinem Stück 4.33" die Stille zum Thema der Komposition machte, eine Arbeit: "John Cage auf der Tonliege im PS1-Museum", entstanden 1979 in New York.

Die heimische Szene kommt in der Schau nicht zu kurz. In den 1970-Jahren hat die Fotografin Karin Mack in Berlin, München und Kassel Grenzgänger wie Günter Brus, Hermann Nitsch, Dieter Roth, Gerhard Rühm und Oswald Wiener bei improvisierten Konzerten begleitet. "Selten gehörte Musik" hieß das Motto dieser musikalischen Happenings mit viel Lärm und Gefummel.

Frauen hatten es in dieser kreativen Machowelt ziemlich schwer. Die große Ausnahme: Charlotte Moorman. Die exzellente Cellistin, Initiatorin eines Avantgardefestivals, Performancekünstlerin und Muse Nam June Paiks wurde die Jeanne d‘Arc der Neuen Musik genannt. Ihre Exzentrik ist legendär: Sie trat nicht nur mit einem färbigen Cello zwischen den Beinen auf, sondern spielte gelegentlich auch barbusig. Was 1967 in New York zur Verhaftung und Verurteilung wegen öffentlichen Ärgernisses führte. Geblieben sind auch aufregende Fotos. Einige entstanden 1982 bei der ars electronica in Linz: Charlotte Moorman schwebend vor dem Brucknerhaus.

Aufzählung Bildende Kunst

Sound of Art. Musik in der bildenden Kunst

Museum der Moderne

Mönchsberg, Salzburg bis 12. Oktober 2008

Mittwoch, 24. September 2008

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