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19.01.2007 - Kultur&Medien / Ausstellung
Katrin Plavcak: Am liebsten unrund
VON JOHANNA HOFLEITNER
Kino, Reisen, Internet und ein riesiges Bildarchiv liefern Katrin Plavcak Impulse. Mit figürlichen Bildern, deren feine Malweise gepaart ist mit kraftvollen Aussagen, setzte sie sich an die Spitze der jüngeren Malereiszene.

Der Plan zu verschwinden. Realitätsverlust. Schlaflabor. Die Besucher aus dem Hier. Oder demnächst in Katrin Plavcaks Wiener Stammgalerie Mezzanin: „For the Birds“, was übersetzt ungefähr so viel heißt wie „für die Fisch’“. Keine Ausstellung ohne Titel. Der wird von der 36-Jährigen, die in der Steiermark aufwuchs, 1999 an der Wiener Akademie ihr Malereidiplom bei Sue Williams ablegte, seit ein paar Jahren fix in Berlin lebt und heute zu den wichtigsten jüngeren Vertreterinnen figürlicher Malerei gehört, stets verlässlich mitgeliefert. Denn irgendwo gibt es ­immer auch eine Art von Handlung, wenn auch im Schwebezustand. Oder ein Thema, auf das sie anspielt – und sei es auch noch so versteckt.

Für ihre bevorstehende Wiener One-Woman-Show beschäftigte sich Katrin Plavcak unter anderem mit dem Kriegswahnsinn im Libanon und Gefängnissituationen. Dem Horror gibt sie in rätselhaft verschlüsselten Inszenierungen Ausdruck, lässt etwa den Angstvogel „Ziz“ aus dem Rauch der brennenden Stadt aufsteigen oder, im Bild „Mista Chicken“, einen eitlen Hahn arrogant über dem Reigen der Hennen posieren. Zwischen den Bildern werden in der Ausstellung dann selbstgezimmerte düstere Container stehen. „Einer wie ein Sarg“, sagt sie. „Wie jetzt im Libanon.“

Inspiration in der U-Bahn.

Berührungsängste mit brisanten Themen hat die vielseitig interessierte Künstlerin keine. Persönliches Engagement und Haltung sind für sie unabdingbarer Teil der künstlerischen Arbeit. Wenig überrascht es da, dass ihre Biografie auch noch eine abgeschlossene Ausbildung an der Wiener Sozialakademie aufführt. Zufall, dass sich Plavcak 1998 im Rahmen eines Projekts in einer U-Bahn-Station den „Streunern“ widmete? „Ich beschäftige mich“, sagt sie, „in meiner Arbeit mit Komponenten des ,Mensch-Seins‘ – wenn das nicht ein zu großes Wort ist.“

Von dieser Beschäftigung mit dem „Mensch-Sein“ ist es dann wiederum gar nicht so weit zum Thema des Unbehausten und Bewohnens von Provisorien – alles Aspekte, die ihr jetzt schon erstaunlich umfassendes Werk wie ein roter Faden durchziehen. Als wollte sie ihnen mit ihrer Kunst Paroli bieten, entwirft sie in den Bildern auch immer wieder neue, oftmals fantastische oder utopische Formen von Behausungen, Wohneinheiten und Behältnissen: Gegenentwürfe sozusagen zum Hier und Jetzt. Manchmal führt Plavcak diese Behältnisse dann auch als einfache, sperrige Skulpturen aus, um sie in den Ausstellungen zwischen den Bildern zu postieren. „Ich nenne sie Szeneplastiken“, sagt sie. „Wobei ich es ganz gern mag, dass sie, so wie sie dann in der Ausstellung rumstehen, den ungehinderten Blick auf die Bilder stören.“

Überhaupt ist die Inszenierung des Unrunden typisch für sie, so wie auch die Arbeit mit Störungen und Verstörungen. Sie bilden gleichsam den Gegenpol zu ihrer subtilen, durchscheinenden Malweise, die vor dem Hintergrund der Figuration das Flirrende und Transparente ebenso zulässt wie Ausflüge in die Abstraktion. Die inhaltliche Erdung dafür bildet das große Bilder­reservoir der leidenschaftlichen Sammlerin. Neben selbstgemachten Fotos und Reiseeindrücken umfasst ihr riesiges Archiv auch unzählige Nachrichtenfotos und ­Bilder aus dem Internet. „Das gibt mir ganz wichtige ­Impulse, denn viele Sachen hätte ich ohne diese Bilder gar nicht gesehen.“

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