Generation CAD | |
Weltweit hat die digitale Revolution in die architektonische Entwurfspraxis Einzug gehalten, Japan spielt eine Vorreiterrolle. |
Die Zukunft hat bereits begonnen, so der
europäische Eindruck vom zeitgenössischen Leben in Japan. Der Alltag, das
urbane Feeling, Mode und Design, sie beruhen auf höchstgradiger
Technisierung. Reibungslose Abläufe, Schnelligkeit, perfektes Styling,
individualistische Trendsetter, sie charakterisieren die japanische
Gegenwart.
Die junge Generation in Japan ist mit dem Computer aufgewachsen.
Computergames sind allgegenwärtig, ebenso ins Spielen völlig versunkene
Afficionados. Und bei der Architektengeneration unter 45 halten diese
Trends Einzug ins Designverständnis. Der Computer wird zum unentbehrlichen
Entwurfs-Partner, perfektes Design mit wenigen Details zum Non plus
Ultra. Architektur aus dem Computer Der Architekturkritiker Shozo Baba bezeichnet die heute unter
45-Jährigen schlicht als CAD-Generation und ortet im Computer-Aided-Design
ein völlig neues Architekturverständnis. "So wie bei einem auf eine
Fertigungsmaschine spezialisierten Arbeiter Kopf und Hand zusammenspielen,
damit ein Produkt entsteht, spielen heute die Architekten der
CAD-Generation mit dem Computer zusammen: Die Ideen kommen oft erst, wenn
der Computer eingeschaltet und CAD zum Laufen gebracht ist." Und mit dem Computer haben sich die Designmöglichkeiten vervielfacht.
Eine Änderung bedeutet keinen riesigen Arbeitsaufwand mehr wie früher, wo
alle Pläne wegen eines kleinen Details neu gezeichnet werden mussten. Und,
ein bekanntes Computerphänomen, vereinzeltes Arbeiten vor dem Schirm ist
die Regel. Ganz im Gegensatz zur jungen Szene in Europa, die auf
Teamspirit und Zusammenarbeit setzt, ist die junge Szene in Japan geprägt
von individualistischen Einzelpositionen mit Hang zum eigenwilligen
Stil. 45 unter 45 Der in Tokyo beheimatete Architekturkritiker Shozo Baba wählte "45
unter 45" aus. Diese Architekturbüros haben nun im Wiener Ringturm die
Gelegenheit, ihr innovatives Schaffen und experimentelles Können unter
Beweis zu stellen. Eigens für die Ausstellung konzipierte Schautafeln, die
die Handschrift jedes Büros tragen, werden durch dreißig Modelle
ergänzt. Neben der von Experiment und Schnelligkeit geprägten Arbeit am Computer
spielt die konsequente räumliche Durchformung im Modell eine wesentliche
Rolle fürs Architekturmachen. Vom Gemeindesaal bis zur Schule, vom
Wochenendhaus bis zu neuen Räumen der Arbeit, vom Altenheim bis zum
Spielplatz in einem Zoo sind in der Ausstellung die verschiedensten
Bauaufgaben in allen Größenordnungen vertreten.
Die Lust am Material Traditionelle Sorgfalt und außergewöhnliche Experimentierlust prägen
den Umgang mit dem Material. So setzt der global agierende Shigeru Ban
immer wieder auf Papierröhren, was bei seinem Projekt für die "Expo 2000"
in Hannover zu einigen Konflikten mit der in Deutschland geltenden
Bauordnung führte.
Einen außergewöhnlichen Zugang mit der Last der Geschichte wagte Ando
Sunao beim Bau des Atombomben Museums in Nagasaki. Ando setzte angesichts
der Tragik des Themas auf die Leichtigkeit der Architektur und schuf eine
lichtdurchflutete Großform. Starker Bezug zur Natur Was man aus der europäischen Perspektive oft vergisst, ist, dass Japan
traditionellerweise ein von der Landwirtschaft geprägtes Land war und
teilweise immer noch ist. Selbst in städtischen Ballungsräumen pflanzen
die Volksschulkinder im schuleigenen Gärtchen Reispflanzen an. Dieser
ausgeprägte Bezug zur Natur spielt auch für die junge
Architektengeneration eine wesentliche Rolle. So integriert sich das am Pazifik gelegene Altenheim von Motoyasu
Muramatsu mit seiner offenen Skelettbauweise unauffällig in die Steilküste
und schafft für seine Bewohner ein atemberaubendes Panorama. Tradition und
Innovation führen in den unkonventionellen Bauten einen fulminanten
Dialog. Tipp: "45 unter 45 - Junge Architektur aus Japan", Ausstellungszentrum Architektur im Ringturm, von 23. Oktober bis 31. Jänner,
ein Katalog (deutsch/japanisch/englisch) mit einem Essay von Shozo Baba
präsentiert die einzelnen Architekten. | ||||||||