24.10.2002 17:56
Grazer Künstler sehen schwarz für 2004
Nun ist es sicher: 15-Prozent-Sperre für Kulturförderungen wird nicht
aufgehoben
Graz - "Kultur ist teuer. Keine Kultur ist armselig." Diesen
Slogan plakatiert die Grazer ÖVP seit einigen Tagen in jener Stadt, die im
Jänner als frisch getaufte Kulturhauptstadt Europas einen neuen Gemeinderat
wählen wird. Doch für die Stadt Graz wird Kultur nicht teurer, sondern billiger.
Die 15-Prozent-Sperre auf Kulturförderungen, die Kultur- und Finanzstadtrat
Siegfried Nagl (VP) Anfang dieses Jahres aussprach, sorgte für geschlossene
Proteste bei betroffenen Kulturschaffenden und auch sozialen Einrichtungen.
Jetzt steht endgültig fest, dass die Sperre nicht aufgehoben wird.
Für
Galerien, Kunstvereine oder freie Theater ein harter Schlag. Denn ihre
Subventionen werden 2002 gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent gekürzt. Anton
Lederer vom Verein "rotor", der vor zwei Wochen für seine Projekte mit Künstlern
Südosteuropas mit dem staatlichen Würdigungspreis für grenzüberschreitende
Kulturarbeit ausgezeichnet wurde, sieht schwarz für die Zeit nach 2004: "Über
das Jahr der Kulturhauptstadt kommen wir noch irgendwie drüber. Aber ohne
Umdenken in der Kulturpolitik gibt es den ,rotor‘ im April 2004 nicht mehr."
Dabei waren gerade internationale Positionierungen, wie etwa das
eineinhalbjährige Projekt "Balkan-Konsulat", das morgen, Samstag, im "rotor"
eröffnet wird, mit ausschlaggebend dafür, dass Graz das Rennen um die
Kulturhauptstadt machen konnte.
Im Büro Nagl werden die Kürzungen mit der
schlechten Wirtschaftslage und einem daraus resultierenden "eklatanten Einbruch"
der Anteile, die seitens des Bundes erwartet wurden, gerechtfertigt. Dem Grazer
Budget fehlten nun 16 Mio. Euro, mit denen man "aufgrund von Prognosen des
Bundes" gerechnet hätte. Für Härtefälle wolle man aber Geld
aufbringen.
Kein Spielraum
Andrea Dörres von "Das andere
Theater", einer Interessengemeinschaft freier steirischer Theater, verließ sich
nicht auf Prognosen und rechnete von Anfang an nicht mit einer Aufhebung der
15-Prozent-Sperre: "Ich habe allen Theatern geraten, mit den fixen 85 Prozent zu
kalkulieren. Für die künstlerische Arbeit ist das natürlich ein Wahnsinn, denn
man hat überhaupt keinen Spielraum mehr." Auch Dörres macht sich Sorgen um die
Zukunft: "Für mich ist die Frage, was nach 2003 passiert. Werden wir jetzt immer
weniger bekommen?"
Auch andere Grazer Parteien affichieren das
weitläufige Thema Kultur. Wohnbau-stadtrat Ernest Kaltenegger (KPÖ) gibt sich
bescheiden: "Auch das ist Kultur: ein Bad für jede Gemeindewohnung." (DER
STANDARD, Printausgabe, 25.10.2002)