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Quer durch Galerien: Galerie im Künstlerhaus, Galerie Chobot

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Eine Laborratte für Barbie?

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Johannes Deutsch (bis 23. Juli in der Galerie im Künstlerhaus) kaut ein Gesicht schon gern einmal gut durch und zieht es dann wie einen Kaugummi auseinander. Aber nur auf seinen "reinrassigen" Gemälden, wo er seinen Pinsel sozusagen nicht in Bits und Bytes taucht. Da gerät dann ein unnatürlich greller Farbteig in Wallungen (rein illusionistisch). Anders gesprochen: Wenn sich eine rote, grüne und ausnahmsweise auch gelbe und blaue Götterspeise in Ekstase herumwerfen würde, könnte es auch nicht sehr viel anders aussehen.
Johannes Deutsch untersucht (noch immer) das Phänomen Raum im traditionellen Tafelbild und im Cyberspace. In seiner Serie "CWD3ECK" (also in den Computerwand- und Deckenbildern "Dreieck") legt er dann ein Gesicht über eine virtuelle Raumecke und spielt sich am Computer damit. Mit seinem gewohnten Sinn für ätherische Transparenz. (Quasi Aquarelle im Computer-Zeitalter.) Freilich geht er so analytisch-wissenschaftlich ans Werk, dass man sich des Eindrucks nicht völlig erwehren kann, dass der Raum seine "Laborratte" ist. Doch gleich zweimal kommt dabei so etwas wie ein "digitales Klatschbild" heraus, das so lebendig malerisch ist, dass es wohl niemandem mehr so vorkommen kann, als hätte hier Stephen Hawking einen Rorschachtest gewissenhaft berechnet.
Und wenn sich Johannes Deutsch nicht mit dem Schein zufrieden gibt (mit der Raumillusion), dann schafft er sich Raum "wie ein Eisbrecher". Das heißt, er treibt (oder richtiger: stellt) eine leibhaftige Ecke mit dazugehörigem Boden und Plafond in die Raumluft. Im Idealfall müsste das Ganze irgendwann in einem echten Zimmerwinkel installiert und dort zur begehbaren Malerei werden. Im derzeitigen Modellstadium könnten seine Raumecken aber bestenfalls von Barbie und Ken in ihrer Villa richtig genossen werden. Schade.
Eine Schriftprobe hat beschlossen, Rock 'n' Roll zu tanzen und dann und wann im Meskalinrausch auszuflippen. "Ich male wie ich schreibe": Zum Glück für seine etwaigen Brieffreunde stammt dieser Ausspruch nicht von Jackson Pollock, der ja dann im anderen Leben Arzt hätte sein müssen (zumal es ja zum Berufsethos der Mediziner zu gehören scheint, auf Rezepten so unleserlich herumzukritzeln, dass es schon frappierende Ähnlichkeit mit dem Actionpainting hat). Es ist vielmehr Henri Michaux (leider nur noch heute in der Galerie Chobot, Domgasse 6), der von sich behauptete, nicht anders zu malen, als er schreibe. (Er war eben eine Doppelbegabung, nämlich ein Maler-Dichter.)
Auf den ersten Blick könnte hier genauso gut ein Analphabet unentwegt das Wort "Mensch" schreiben, so gut er eben kann (also in der Strichmaxi-Schrift). Aber wahrscheinlich kann Michaux einfach nur nicht verleugnen, dass er eben gerade kein Analphabet ist, und legt so etwas wie eine Bilderschrift vor, die mindestens 1000 verschiedene Bezeichnungen für den Homo sapiens hat. Es ist eine Freude, mit welcher Leichtigkeit und Sicherheit der 1984 verstorbene Belgier die Flecken, die irgendwo zwischen Schriftzeichen und Figur liegen, immer wieder neu erfindet und kombiniert. Und wie die sehr menschliche Kalligrafie die Fantasie des Betrachters beschäftigt: Geht hier jemand gemütlich spazieren, während ein anderer rhythmische Gymnastik macht? Und treiben sich dort die grotesk verdrehten "Mauriskentänzer" von Erasmus Grasser herum (oder rutschen alle diese Leute gerade auf einer Bananenschale aus)? Und zwischendurch möchte man sogar meinen, Michaux hätte sich eine Biedermeier-Idylle stenografisch aufnotiert und halt die Pausbäckchen weggelassen.

Erschienen am: 21.07.2000

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