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derStandard.at | Kultur | Kultur & Politik | Augarten Wien 
11. Dezember 2007
18:30 MEZ
Reaktionen: Pühringer "fassungslos" über "Diffamierungen"
"Gibte es noch faire Verlierer?"

Wien - Die Montagnachmittag bekannt gegebene Entscheidung des Wirtschaftsministeriums, dem Projekt eines Sängerknaben-"Konzertkristalls" am Augartenspitz grünes Licht zu geben, war auch beim abendlichen Weihnachtsempfang der Wiener Sängerknaben im Augartenpalais ein Thema. Doch während Direktor Eugen Jesser in seine Ansprache "mit großer Freude" von der wenige Stunden zuvor geleisteten Unterschrift unter den Vertrag berichtete ("Für uns bedeutet das einen Meilenstein in der Geschichte") und hoffte, "dass wir jene Kritiker, die uns nicht positiv gegenübergestanden sind, überzeugen können", zeigte sich der Finanzier des Projekts, der Investor und Fondsmanager Peter Pühringer, im Gespräch mit der APA von "Beleidigungen und Diffamierungen" schwer enttäuscht.

"Es kommt keine Freude auf", war Pühringer weniger über die Entscheidung zu Gunsten des von ihm finanzierten Projekts erfreut als schwer verärgert über Äußerungen der Proponenten des Konkurrenz-Projekts eines Filmkulturzentrums. "Ich bin fassungslos und maßlos traurig. Gibt es denn noch faire Verlierer in diesem Land?"

Es werde unterschlagen, dass man am 15. Juni im Wirtschaftsministerium in einer gemeinsamen Sitzung, in der nicht nur die beiden Projektwerber, sondern auch Vertreter von Porzellan-Manufaktur, Finanz- und Kulturministerium anwesend waren, den Versuch einer gemeinsamen Lösung unternommen habe. Nachdem dieser Versuch gescheitert sei, habe man sich auf ein Bewerbungsverfahren auf der Basis von acht Kriterien und 70 Einzelfragen u.a. zu Wirtschaftlichkeit, Bildungs- und Kulturvermittlungsfragen, Folgekosten, Anraineraspekten sowie städteplanerischer und verkehrstechnischer Sicht geeinigt. "Im August wurden die Unterlagen abgegeben." Diese seien bewertet worden, und das Sängerknaben-Projekt habe dabei besser abgeschnitten. "Das Projekt des Filmarchivs war gar nicht genehmigungsfähig", so Pühringer.

Es verwundere ihn, dass nun etwa seitens des Kulturministeriums so getan werde, als wisse man davon nichts, und dass über den Verlauf der Entscheidungsfindung, auf den man sich gemeinsam geeinigt habe, nichts verlautet sei. "Hier spielen Leute falsch. Wir sind zutiefst traurig, wir sind sogar verletzt." Eine derartige Demontage eines Mäzens tue auch Österreich insgesamt nicht gut: "Wir (d.h. die POK Pühringer Privatstiftung, Anm.) haben in den letzten zehn Jahren 100 Millionen für das Gemeinwohl ausgegeben." Pühringer wehrte sich auch gegen die Bezeichnung "Investor" im Zusammenhang mit dem Sängerknaben-Projekt. Er trage nicht nur die Errichtungskosten in der Höhe von elf bis zwölf Mio. Euro, sondern auch die Folgekosten von jährlich 600.000 bis 700.000 Euro. "Das ist ein von ganzem Herzen und voller Leidenschaft getragenes Mäzenatentum!"

Während Jesser mit einem Baubeginn im Frühjahr 2008 rechnet und auf Fertigstellung des Projekts Ende 2009 hofft, ist Pühringer "nicht ganz so optimistisch". Nach der heftigen Kritik an dem Projekt seien wohl Einsprüche und Verzögerungen zu befürchten. (APA)


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