13.11.2001 15:10:00 MEZ
Architektur und Experiment
Schindlers sensible Moderne im MAK

Wien - Mehr als nur Architektur bieten die Häuser des in Österreich gebürtigen, hauptsächlich in Kalifornien tätig gewesenen Architekten Rudolf Michael Schindler (1887-1953): Seine für die moderne Architektur Weg weisenden, in großer Zahl (rund 150) verwirklichten Entwürfe seien "architektonische Manifestationen utopischer sozialer Vorstellungen", meinte MAK-Direktor Peter Noever heute, Dienstag, bei der Presseführung durch die ab morgen (bis 10. 2. 2002) zugängliche Ausstellung "R. M. Schindler. Architektur und Experiment" in der MAK-Ausstellungshalle.

Vielschichtigkeit

Die Schau wurde im Museum of Contemporary Art (MOCA) in Los Angeles konzipiert und war schon in L. A. und Washington zu sehen. Nach der Lösung der ursprünglichen architektonischen Fragen sah Schindler den Raum als das eigentliche Objekt der Architektur. Mit seinen an das angenehme kalifornische Klima angepassten, offenen Ein- und Mehrfamilienhäusern löste er den Übergang zwischen Innen- und Außenräumen auf und machte ihn gleichzeitig erlebbar. Glasschiebetüren, fließende Übergänge der Räume in die Gärten und die begehbaren Flachdächer sind Elemente seiner Bausprache, die noch Jahrzehnte später in Kalifornien gang und gäbe sind. Dass Schindler vom breiten Publikum "noch nicht so richtig entdeckt worden ist, hängt mit seiner Vielschichtigkeit zusammen", meinte Noever, der Schindler 1986 schon seine erste MAK-Ausstellung widmete.

"antimonumentale, sehr sensible Moderne"

Schindler stehe für eine "antimonumentale, sehr sensible Moderne", so die MAK-Kuratorin Daniela Zyman. Er verwirklichte nur wenige Großprojekte, sein Hauptwerk besteht aus kleineren Gebäuden wie das Philip Lovell Beach House und das Mackey Apartment House. Eines seiner bekanntesten Häuser, das Kings Road House, das im MAK in einem 1:1-Aufriss an einer Wand des Ausstellungsraums abzugehen ist, zeigt deutlich Schindlers sozial-utopische Vision: Das Zweifamilienhaus beherbergt seine Bewohner in ident formulierten, hierarchielos angeordneten Räumen. Die offenen Schlaf-"Körbe" auf dem Dach zeigen, dass Schindler das kalifornische Klima, das zwar milde, aber keineswegs regen- und kältefrei ist, fast romantisch überwertet hat. Vielleicht auch deshalb gilt Schindler heutzutage als eine der Schlüsselfiguren der zeitgenössischen kalifornischen Architektur.

Die chronologisch aufgebaute Ausstellung im MAK ist, mit 150 Originalzeichnungen, 20 Modellen, Möbelstücken sowie zu Originalgröße "aufgeblasenen" (Noever) Fotografien architektonischer Details, die bisher größte Retrospektive des Architekten, der in Wien bei Otto Wagner studierte und von Adolf Loos geprägt wurde, 1913/14 in die USA emigrierte und 1922 in Los Angeles sein eigenes Studio gründete. Zu sehen sind auch die ersten erhaltenen Zeichnungen Schindlers aus seiner Wiener Zeit. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erhältlich. (APA)


Quelle: © derStandard.at