Ohne Göd ka Büdl
![Aufzählung Aufzählung](00086525-Dateien/wzfeld.gif)
(cai) Nicht fürs Museum, sondern fürs Leben künsteln wir. Wenn man mir
also in einer Kunstgalerie Tipps gibt, wie ich mir umweltfreundliche
Legosteine aus Papiermaschee bastle, nehm’ ich das mit einem
professionellen Pokerface hin. Kunst ist sowieso alles. Gut, eigentlich
handelt es sich ja um Legosteine für
Erwachsene : Ziegel. Sašo Sedlaèek hat zu deren Herstellung ein mobiles Labor entwickelt. Hm. Was hat das trotzdem mit der Kunst zu tun?
Natürlich! Daraus baut man sich einen Spar-Sockel! Damit Skulpturen
in Zeiten der Finanznot nicht auf dem nackerten Boden stehen müssen.
Typisch Heutiges sieht man also im Hilger Contemporary, wo das
Siemens_artLab (mit Jungkunst aus Österreich und Südosteuropa) zu
Besuch ist. Jedenfalls artet das Betrachten in Arbeit aus. Weil man
viel lesen muss. (Lesen? Eine Zumutung. Wenn ich was lesen will, geh’
ich in die Bücherei!) Kosta Tonev schreibt die Leinwände wohl auch
lieber voll, als dass er was malen tät’. Bei ihm lohnt es sich aber,
sich da durchzukämpfen. Auf elegant ironische Art beweist er, dass die
Beuys-Gleichung stimmt. ("Kunst = Kapital" ist ja das "E = mc 2 " der
Kunsttheorie.) Aus "Kunst" wird am Ende einer langen Liste "Kapital".
(Das nächste Wort ist immer ein "Synonym" des vorigen.)
Tonev befriedigt den Intellekt , Lies Maculan das Aug’
(mit ihren Arbeiten zu den religiösen Kommunikationskanälen Beichten
und Beten: ihrem Beichtstuhl und dem Altar). Dagegen kritzelt Ervin
Babiæ nur hin: "Give me a million and I will make a masterpiece" – gebt
mir eine Million und ich mach’ euch ein Meisterwerk. Einfallslosigkeit
(oder Arbeitsscheu), getarnt als "geistreicher" Kommentar zum
Kunstmarkt. Na ja, dann gebts mir halt endlich den Medizin-Nobelpreis
und ich finde ein Heilmittel gegen ... Schnupfen.
Der Schnuller im Manne
(cai)"Heads & Portraits." Stimmt. Der pragmatische
Ausstellungstitel ist also grundehrlich. Ja, beim Abschreiten der Wände
wird man fast manisch-depressiv, schwankt dauernd zwischen Euphorie und
Apathie. Denn es gibt praktisch nur zwei Qualitäten: "fabelhaft" und
"na ja". Oh, und noch eine dritte Kategorie: "eigenartig". Dazu gehören
die vollplastischen gekrönten Schädeln von Peter Brauneis. Jeder
"Schnipp, schnapp, Rübe ab"-König hat einen Zutz im Mund. Hätte Alice
Schwarzer das verbrochen, hätt’ ich das ja als feministische
Patriarchatsdiagnose aufgefasst. Botschaft: Männer sind, nein, nicht
Schweine, doch immerhin Säuglinge. Wurscht. Gegen die Arbeiten von
Adrienn Kiss und Harding Meyer verblasst ohnedies alles andere. Kiss
hantiert mit Buntstiften so furios, man vergisst direkt aufs Blinzeln.
Und Meyers delikat sinnlicher Realismus mit der lebhaft gespachtelten
Oberfläche macht aus meinem inneren Pitbull Terrier ein Schoßhündchen
(hechel!).
Kopf einziehen! Was? Au!
(cai)Jetzt weiß ich, wie das ist, wenn man ein Brett vorm Kopf hat. Ich
hab mich aber eh rechtzeitig geduckt. Mit minimalen Eingriffen (markant
platzierten Balken) erzielt Sami Ajouri eben maximale Wirkung beim
Betrachter. Mit zwei weiteren mathematischen Temperamenten fühlt er
sich quasi empathisch in die Architektur der Galerie ein (anstatt
einfach alles egoistisch anzuräumen). Martin Zopf stellt mitten in den
Raum einen Türstock und definiert dadurch die Luft drumrum als Wand.
Und Svetlana Blums leuchtende Linien (Neonröhren) sind Echos aus Licht,
die einen reizvollen Dialog mit der Bausubstanz führen. Eine
konsequente, ach was: eine beglückende Schau.
Hilger Contemporary
(Dorotheergasse 5) Value point Bis 24. September Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr Sa.: 10 – 16 Uhr
Galerie Frey
(Gluckgasse 3) Heads & Portraits Bis 27. September Mo. – Fr.: 11 – 19 Uhr Sa.: 10 – 16 Uhr
Artmark Galerie
(Singerstraße 17) Next Generation Bis 18. September Do, Fr.: 13 – 18 Uhr Sa.: 11 – 15 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 09. September 2009
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