Salzburger Nachrichten am 14. Oktober 2005 - Bereich: Kultur
Interview

"Wallace & Gromit": Nick Park im Gespräch

MATTHIAS GREULING Die Animationsfilme der vergangenen Jahre zeichneten sich vor allem durch technische und optische Brillanz aus. Ob ein grünes Monster namens "Shrek", alternde Superhelden wie "The Incredibles" oder Fische jeder Art in "Shark Tale" auf der Leinwand zu sehen waren - all diese Figuren entstammten den modernen Hochleistungscomputern Hollywoods. Nicht selten blieb dabei der Charme alter, handgezeichneter Trickfilme auf der Strecke. Mit "Wallace & Gromit auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen" kehrt traditionelle Animationskunst in die Kinos zurück - der Film eroberte vergangene Woche mit 16 Millionen Dollar Einspielergebnis die Spitze der US-Kinocharts, diese Woche startet das erste abendfüllende Leinwandabenteuer von "Wallace & Gromit" in den heimischen Kinos. Der neue "Wallace & Gromit"-Film wurde mit der Stop-Motion-Tricktechnik gedreht, die es seit der Frühzeit des Kinos gibt und bei der die Figuren Schritt für Schritt von Hand bewegt und mit Einzelbildern abfotografiert werden. Ist das im Zeitalter der Computeranimation nicht zu anstrengend? Park: Computeranimierte Filme wie "Shrek" oder "The Incredibles" hatten alle ihren Reiz. Ich habe diese Filme sehr gemocht, aber für "Wallace & Gromit" passt diese Form der Animation nicht. Denn mit dem Computer kann man den Charme und die spezielle britische Note, die den Figuren innewohnt, nicht reproduzieren. Das geht nur von Hand. Ich denke, dass die Stop-Motion-Technik nicht tot ist, sondern gerade jetzt eine neue Blüte erlebt."Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen" ist der erste Langspielfilm mit "Wallace & Gromit". War der Übergang in eine neue Dimension schwierig?

Park: Ich wollte schon seit den Anfängen von "Wallace & Gromit" an einem abendfüllenden Film arbeiten, und jetzt ist dieser Traum für mich endlich wahr geworden. Unsere Kurzfilme waren allerdings von ihrer Story her nicht für Langfilme geeignet, und so musste ich zunächst einmal ein geeignetes Thema finden.Der Film wurde von Steven Spielbergs Studio Dreamworks produziert. Fühlt man sich da als Brite im Haifischbecken der US-Studios nicht ein wenig verloren? Park: Das Gute ist, ich lebe 5000 Meilen von Hollywood entfernt, daher gibt es kaum Berührungspunkte. Aber die Studios respektieren, was wir tun. Weil wir eben keine Computeranimation verwenden. Oder: fast keine. Denn ganz ohne Computer geht es nicht. Wenn die Figuren durch die Luft fliegen, müssen wir auf den PC zurückgreifen. Das sind aber nur wenige Ausnahmen.Welche Beziehung haben Sie zu Ihren Trickfiguren? Park: Sie sind meine Familie. Das klingt doch traurig, oder? Meine Familie ist aus Plastilin! Ich erfand "Wallace & Gromit", als ich noch ein Student war, und wir sind sozusagen zusammen aufgewachsen. Wenn ich die zwei auf dem Cover eines Magazins sehe, dann fühle ich den Stolz, den Eltern für ihre Kinder empfinden. Aber sie haben ihr eigenes Leben - wie alle Kinder.Eine ausführliche Rezension zu "Wallace & Gromit" finden Sie morgen, Samstag, im Kinoteil der SN.