Quer durch Galerien
Engel haben keine Flugangst
Von Claudia Aigner
Flügel - das sind ja in der Regel jene Transportmittel, die
den Rest vom Körper durch die Lüfte transportieren. Hat man sich nun
beispielsweise zwei Flügerln vom "Flügeldesigner" Baruwa auf den Rücken
geklebt, die besagter Baruwa mit unerschütterlicher Beharrlichkeit in
seiner Flügelwerkstatt herstellt, dann braucht man freilich keine
Flugangst zu haben. Denn fliegen wird man damit sowieso nicht. Zumindest
nicht nach oben. Kurzum: Fluguntaugliche Personen werden zwar nicht
aerodynamischer dadurch (höchstens so aerodynamisch wie der "Bruchpilot"
Ikarus während seines Sturzflugs), aber sie sehen um einiges beflügelter
aus. Und romantischer. Und darum geht es ja. Baruwa (eigentlich Abdul
Sharif Baruwa) erzeugt ja eher so etwas wie ein visuelles Raumdeodorant,
das (anders als das riechbare Parfum, wo die ursprüngliche Raumluft
einfach nur "verduftet") den Raum gleich viel inspirierter,
schwärmerischer und weniger profan erscheinen lässt. Denn die Flügel kann
man schließlich überall anbringen. Selbst an so weltlichen Dingen wie -
Wänden. Oder an einem Motor, der daraufhin als fetter Brummer
ohrenbetäubend auf dem Boden "herumfliegt". Spielerisch experimentell.
Die Flügelwerkstatt: Bis 19. April gastiert sie bei Grita Insam
(Köllnerhofgasse 6), ansonsten gibt ihr das Atelier der Meisterklasse von
Gunther Damisch ein akademisches Dach über dem Kopf bzw. über den
liebenswert aus Sperrmüll improvisierten Arbeitstischen, die garantiert
nicht Björn oder Nils heißen. Da werkelt Baruwa dann hingebungsvoll am
Fließband (insofern ja auch, pardon: Klopapier mehr oder weniger ein
Fließband ist) und schneidet aus einer Rolle Vlies lauter Flügerln aus. In
dem kleinen Holzhäuschen daneben frönt er dann und wann der spartanischen,
weil matratzenfreien Nachtruhe. Es ist erstaunlich, wie hier aus einer
kaum zu überbietenden Diesseitigkeit (konkret: aus Sperrmüll und anderen
sehr irdischen Rohstoffen) etwas entstanden ist, das die Welt mit so viel
Poesie und Aura ausstattet. Ein rundum passendes Gesamtkunstwerk. Ein
Künstlerleben eben, ein Rhythmus aus Arbeiten und Nacktschlafen (siehe
Video). Er kam, sah und - grapschte (zum Beweis): Die geradezu
ingenieurhaften Gebilde von Matjaz Pocivavsek zeigen deutliche Spuren
persönlicher Zuwendung (Handabdrücke etwa). Das Subjektive an den
"unmenschlich" exakten Formen macht ja gerade den besonderen sinnlichen
Reiz dieser mitunter archaisch imposanten Bronzen aus. Bis 18. April bei
Dagmar Chobot (Domgasse 6). Und ewig grapscht das Kind im Manne: "Ich
spiel' wie ein Kind im Sand. Manchmal geht die Haut weg und ich blute.
Aber da hab' ich Bepanthen." Diese Salbe tröstet eben nicht bloß den
windelgeplagten, wunden Baby-Popo, sondern auch zarte Künstlerfinger.
Früher hat Faek Rasul (bis 14. April in der Wort-und-Bild-Galerie,
Garnisongasse 18) den Sand für seine materialsinnlichen Bilder ja auf dem
Spielplatz in der Sandkiste abgebaut, quasi aus der öffentlichen
Bedürfnisanstalt für die Frolic-Zielgruppe. Jetzt kauft er ihn lieber
originalverpackt im Baumarkt. Vermischt ihn mit Farbe, bringt alles auf
die Leinwand und ritzt Schriftzeichen und die "Wörter der Analphabeten"
(Symbole) hinein. Und seine Erinnerungen an schlimme und an schöne Dinge:
an irakische Gefängniswände oder an die Malereien in den Höhlen, in denen
sich der Exilkurde auf seiner Flucht versteckt hat (bei den Partisanen)
und wo "fast jede Höhle einfach eine Galerie" gewesen ist. Und er schwelgt
wohl auch in der Erinnerung an den irakischen Wüstensand. Kraftvolle
Bilder.
Erschienen am: 11.04.2003 |
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