Der Tod des Autors | |
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Nicht nur in der Wirtschaft, auch im Feld
der Kunst gilt die Parole: Team works! Dabei gibt es Kunstformen, die seit
jeher ganz selbstverständlich in der Gruppe funktionieren, ohne dass darum
viel Aufhebens gemacht worden wäre: Das gilt für den (antiken) Chor
ebenso, wie für das Sinfonieorchester oder die Rockband, für das
Theaterensemble ebenso, wie für die Filmcrew. Das starverliebte
Blockbusterkino wirbt zwar stets mit großen Namen, und ihre Allüren sind
Legende, aber die meterlangen Credits am Ende jedes Streifens zeigen ganz
augenfällig, dass Film (wie natürlich auch Oper oder Ballett) eine
kollektive Angelegenheit ist. Genie und Wahn Die bildende Kunst hingegen ringt spätestens seit dem Geniekult des 19.
Jahrhunderts mit der Hypothek, dass Kunst eine Ein-Mann-, in selteneren
Fällen eine Ein-Frau-Veranstaltung sei. Das war nicht immer so, wie die
noch der Handwerkstradition verpflichteten hierarchisch organisierten
Malschulen so herausragender (scheinbarer) Einzelkünstler wie etwa
Rembrandt zeigen. Es ging auch anders Das zeigen aber auch die zahlreichen Versuche unseres Jahrhunderts der
heroischen Pose des Einzelkünstlers zu entkommen: Von der Künstlerkolonie
des Monte
Verità in Ascona bis zur factory,
die zwar untrennbar mit dem Namen Warhol verbunden ist, aber eben aus mehr
Menschen als dem (genialen?) Selbstdarsteller bestand. Das gilt für Künstlergruppen, wie der expressionistischen Brücke oder der
"Konstruktivistischen Internationalen schöpferischen Arbeitsgemeinschaft"
ebenso, wie für die mehr oder weniger emanzipatorischen WGs und Kommunen
der 60er Jahre. Das gilt auch für bestimmte Bereiche der Computerkunst, wie sie Konrad
"Public Netbase" Becker im Katalog vorstellt (ein Porträt des ASCII Art
Ensembles können Sie übrigens kommende Woche bei ORF ON KULTUR lesen)
und die mitgeholfen haben, "das Netz" zu einer der Metaphern der 90er
Jahre zu machen, ebenso, wie für ihre analogen Vorläufer, den Vertretern
der Mail
Art der 60er Jahre. Pragmatismus statt Ideologie Der Unterschied zu all diesen Beispielen liegt, wie Kunsthallenleiter
und Co-Kurator Gerald Matt im Katalog schreibt, darin, dass 'Kunst als
Teamwork' "heute weder primär von romantischer Emphase noch von
ideologischen Fundamenten getragen" wird, "sondern eher von der
künstlerischen Reflexion auf ein heterogenes, vielfältig spezialisiertes
und sichtbar im Wandel begriffenes kulturelles Umfeld". Die kollektive
Autorenschaft, die nichts an der Einzigartigkeit der Ergebnisse ändert,
hat "die Montage des Heterogenen auch als Prinzip der Produktion, nicht
nur der Darstellung" durchgesetzt. Ein Beispiel: Käfer trifft Fliege Symptomatisch inszenieren etwa Ilya Kabakov und Jan Fabre ihre
Gemeinschaftsarbeit A
Meeting (!) als Käfer und Fliege verkleidet, um über sprachliche und
kulturelle Unterschiede hinweg einen globalen Dialog über die Kunst und
das Leben zu führen.
Dieses Projekt findet derzeit übrigens seine Fortsetzung im Dialog
zwischen dem Käfer Jan Fabre und namhaften britischen Insektenforschern,
wie Kuratorin Marion Piffer-Damiani berichtet, für den sich die
Wissenschaftler Kostüme ihrer Forschungsgegenstände wie Motten oder Maden
haben schneidern lassen, um aus dieser Verfremdung der Gesprächssituation
der Grenzen des eigenen Fachgebiets besser gewahr zu werden. Der (französische) Postmodernismus hat seit seinen Anfängen den Tod des
Autors, ja des Subjekts verkündet. Kunst als Teamwork räumt - oft in
ironischer Weise, wie es den abgeklärten 90ern entspricht - jetzt auch mit
dem virtuosen Künstlermythos auf. "Get Together" erprobt neue Strukturen
des ästhetischen Zusammenspiels und erhebt das Handeln zum Manifest. Tipp: Get Together - Kunst als Teamwork Ein Porträt
der ebenfalls in der Wiener Kunsthalle ausstellenden Gruppe "rtmark"
können Sie in unserem Archiv nachlesen. | ||||