Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte

Galerien live

Illustration

Piepsen ist Silber

(cai) "Sputnik" – wie dieser silbrige Ball im All, der dort im Oktober 1957 herumgepiepst hat? Ja, genau wie der. Muss eine Ausstellung zum 50-Jahr-Jubiläum des Ur-Satelliten sein. Na ja, eigentlich geht es in der Galerie Hilger um die russische Kunst . Und weil der Kurator, Bernhard Wolf, sie seit Jahren beobachtet (freilich nicht aus dem Weltraum), ist der Titel sehr passend. Die schier schwerelosen, schwebenden Radios in den witzig surrealen Fotos von Vladislav Efimov (nostalgische Modelle aus Sowjet-Tagen, die an ihren Kabeln zerren) wollen aber vermutlich nicht gleich in den Orbit abhauen, sondern bloß endlich in Pension gehen. Oder sie beabsichtigen eine kleine russische Revolution gegen den Kapitalismus (weil sie noch immer zum Lenin halten).

"TeleBlaster": Aristarkh Chernyshevs "interaktive" Fernsehgeräte im Platsch-Design (wie verschüttete Farbe) sind eher das Grüne vom Ei als das Gelbe. Aufs TV-Programm kann man mit den Knopferln naturgemäß keinen Einfluss nehmen (das ist Schicksal), aber dafür die Bildqualität verschlechtern. Gut, schaut dann immer noch besser aus, als wenn mein DVB-T-Kastl (T wie Terror) einen schlechten Tag hat. Mitreißend sind dagegen die schrill-derben Massenszenen, die Alexander Petlura mit Fundstücken und mit einem hochmotivierten Ensemble inszeniert. Balalaikafolklore, KGB-Agenten, ein Kosmonaut (dessen Metier ja die "Weltflucht" ist), von Psychiatern flankiert. Also beim Betreten der Galerie vom ersten Eindruck nicht abschrecken lassen. Auch in den Keller gehen!

Hilger Contemporary
(Dorotheergasse 5)
Moskau – Sputnik
Bis 27. September
Di. bis Fr. 10 bis 18 Uhr
Sa. 10 bis 16 Uhr
Sehr heterogen.

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Schwitzende Bronze

(cai) Giacomettis magersüchtige Bronzemenschen haben jetzt einen Intensivkurs in Ausdruckstanz gemacht. Nein, die gelenkigen Tänzer (meist –innen) in pointiert exaltierten Posen sind natürlich von Helge Leiberg. Haben nicht viel mehr Fleisch als ein Strichmännchen. Und sind biegsam wie die Wirbellosen. Ein Paar tanzt einen Koitus, als wär’s ein Standardtanz. Die Zeichnungen sind sogar noch schmissiger. Da spritzt die Tusche nur so weg. Farbschweiß in Aktion.

Galerie Frey
(Gluckgasse 3)
Helge Leiberg
Bis 25. September
Mo. bis Fr. 11 bis 19 Uhr
Sa. 10 bis 16 Uhr
Potent.

Mittwoch, 05. September 2007


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