„Das ist nicht real, hier ist es einfach zu schön“

26. August 2010 | 10:59 | | Heinz Bayer (SN). | http://www.salzburg.com/online/7mal24/aktuell/Das-ist-nicht-real-hier-ist-es-einfach-zu-schoen-.html?article=eGMmOI8Vf1Q6bVTC9ycKSFiPEdMC63soexNLGk8&img=&text=&mode=" href="http://www.facebook.com/sharer.php">Teilenipt>Teilen  
Thandile Zwelibanzi aus Johannesburg ist als Fotograf Artist in Residence bei der Sommerakademie für bildende Kunst.
Heinz Bayer
salzburg (SN). Den 15. August 2010 wird Thandile Zwelibanzi (23) nie vergessen. Zum ersten Mal in seinem Leben stieg er in ein Flugzeug. Zum ersten Mal in seinem Leben verließ er seine Heimatstadt Johannesburg und den afrikanischen Kontinent. Er reiste in ein Land „in dem alle Englisch sprechen. So haben sie es mir daheim gesagt. Aber eigentlich sprechen hier alle nur Deutsch“, stellte er fest.

Als Artist in Residence begleitet der junge Fotograf die Internationale Sommerakademie in Salzburg. Er dokumentiert. Er hält fest. Er staunt. Eigentlich will er vor allem eins: rasch wieder nach Hause. Denn: „It is too nice here in Salzburg. Too beautiful. This can’t be real“, sagt er und lacht.

Thandile lacht gern, und wenn, dann blitzt sein Goldzahn auf. Was ihn staunen lässt, sind „all diese Regeln, die es hier gibt. Na ja, Regeln existieren auch bei uns. Aber hier halten sich alle Leute daran. Keiner geht bei Rot über die Straße, die Autos fahren nur dort wo sie dürfen. Alles ist total organisiert.“ Dass die Landschaft hier „so schön und alles so sauber und die Architektur so prächtig ist“, verwirre ihn. „Daheim bei uns, da ist vieles total kaputt.“

„Ich beschäftige mich fotografisch daheim mit den Menschen. Den Straßenhändlern, mit Bodybuildern. Vor allem aber mit Händen. Hände helfen uns, gute Dinge zu tun, aber auch zu zerstören. Hände inspirieren mich.“ Seine Fotografien werden mit den Arbeiten anderer Artists in Residence gesammelt. In einigen Jahren will die Leiterin der Sommerakademie, Hildegund Amanshauser, eine Dokumentation erstellen.

Thandile Zwelibanzi kam 1987 in Willovale, Eastern Cape, in Südafrika zur Welt. Er wuchs in Kagiso, Gauteng, in der Nähe von Johannesburg, auf. Dort ging er zur Schule. Mit 16 Jahren begann er zu fotografieren. Nach der Matura 2007 begann er mit einem Studium am Market Photo Workshop in Newton/Johannesburg. „Ich fotografiere nicht für Medien, sondern für Galerien. Ich lege meine Arbeit nicht als Journalist, sondern als Künstler an.“ Dafür müsse er immer wieder in Gegenden und Stadtteile, die gefährlich seien. „Aber ich kenne mich aus, kenne die Leute, kann Situationen einschätzen.“ 2008 nahm er erstmals an einer Einzelausstellung an seiner Uni teil. Weitere vier folgten bis 2010. Unter anderem waren Arbeiten in Berlin zu sehen.

Unterstützung findet er durch John Fleetwood und Mikhael Subotzky. Fleetwood ist der Leiter der Fotoschule Market Photo Workshop. Die liegt am Rande der Innenstadt von Johannesburg, wo vor zwei Jahrzehnten das Apartheidregime noch schwarze Pendler aus den Townships zusammenschlagen ließ. Nahe der Fotoschule befinden sich wichtige Bus- und Bahnknoten. Der Market Photo Workshop wurde von Lehrern gegründet, die fast alle in den Tagen der Apartheid aufgewachsen sind, und dadurch ihre Prägung als Fotografen fanden und die ihre Arbeit als politisches Statement empfanden und empfinden.

Der ständige Kampf um das Dasein und um das Überleben als Künstler gehörte zum Alltag. „Heute gibt es keinen klar identifizierbaren ,Feind‘ mehr, sondern eine hochkomplexe soziale Realität“, beschreibt der Mitbegründer des Market Photo Workshop, David Goldblatt, die Gegenwart. In diesem Umfeld einer schier unüberschaubaren sozialen Situation, bewegt sich Thandile Zwelibanzi mit seiner Kamera und zeigt die Dinge aus seiner Sicht.
Internet: www.marketphotoworkshop.co.za

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