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14.06.2002 - Ausstellung
Art Basel: Die glamouröse Upperclass der Kunst
Die Art Basel, glamouröse Queen der Kunstmessen, verdichtet sieben Tage lang Kunst und Kapital zu einem real greifbaren Markt. Doch die Exzentrik wird heuer durch Vernunft geschlagen.
VON ALMUTH SPIEGLER


Die Dimensionen sind wie gewohnt monströs: 262 Galerien aus Europa, Nord- und Lateinamerika, Asien, Australien zeigen bei der weltweit wichtigsten Messe für moderne bis zeitgenössische Kunst, der Art Basel, Werke von über 1000 Künstlern.

Über 50.000 Besucher werden diese mächtige Präsentation bis 17. Juni erlebt haben. Dann hebt der Kunst-Jet-Set wieder ab und überläßt das verträumte Basel seinem verdienten Sommerschlaf.

Einen Tag bevor die Galeristen ihre Kojen mit abschätzenden Blicken zu bewachen beginnen, öffnet eine der größten Art-Attraktionen ihre Tore: "Unlimited" heißt diese Schau der Superlative, wo in einer Halle über 60 Werke aufgebaut werden, die den Rahmen einer klassischen Messepräsentation sprengen würden. Aufwendige Installationen, tonnenschwere Skulpturen und die unvermeidlichen Dunkelräume für großzügige Videoprojektionen. Vieles davon wie Pipilotti Rists "Supersubjektiv" oder Rodney Grahams "City Self", derzeit auch in der Wiener Kunsthalle zu sehen, ist schon bekannt.

Bei manchem kann die Idee nicht verfliegen, daß es allein durch die Größe Respekt verdient. Als besonders originell sticht ein mit Puppen nachgestelltes Altersheim für Superhelden von Gilles Barbier hervor. Am spektakulärsten gestaltete sich eine Performance von Lori Hersberger. Mit einem Motorrad raste er über eine weiße Fläche, bremste hart - die Spuren dokumentieren das Ereignis mit dem für manche heutige Kunstform so bezeichnenden Titel "Burn out".

Ausgebrannt darf man beim konsumorientierten Rundgang durch die zwei Geschoße der Kunstmesse allerdings nicht sein. Zu ebener Erde haben die gewichtigen internationalen Galerien für klassische Moderne ihre eleganten Kojen bezogen. Hier werden Millionen Euro gegen Museumsstücke von Künstlern wie Klee, Kokoschka, aber auch der deutschen Malerfürsten wie Baselitz oder Richter getauscht.

Millionen für Bacon

Die Galerie Marlborough hat ihre Präsentation allein Francis Bacon gewidmet, Highlight ist ein Triptychon um 10,4 Millionen Euro. In einem ähnlich hochpreisigen Gebiet findet man sich bei Art Focus: Ein Ölbild von Fernand Léger (130 x 82 cm) aus 1929 kommt auf satte 6,2 Millionen Euro. Bei einem großformatigen Mark Rothko, den Beyeler anbietet, bleibt der Preis überhaupt Verhandlungssache.

Interessante Arbeiten des Amerikaners Robert Longo aus 2002 findet man bei der Düsseldorfer Galerie Mayer. Seine neue "Freud-Serie" wird im nächsten Jahr in der Albertina zu sehen sein. Allein eine dieser düsteren Zeichnungen ist 90.000 Euro wert. In diesem elitären Umfeld haben auch die österreichischen Galerien Ropac, Hilger und Nächst St. Stephan ihren Platz gefunden.

Auf der Spur der acht heimischen Vertreter gelangt man in den ersten Stock, wo verstärkt zeitgenössische Kunst angeboten wird. Heuer scheint man hier weniger auf Exzentrik als auf Qualität und Verkäuflichkeit zu setzen. Eine Auswirkung des für alle Märkte so verheerenden 11. Septembers? Zwar versichern sowohl Galeristen als auch Messebetreiber glaubwürdig, daß der Kunstmarkt dadurch keinen Schaden erlitt, doch der Mut zum Experiment scheint gesunken. Sperrige Installationen wie von Atelier van Lieshout bleiben eher die Ausnahme.

Beliebt wie je sind großformatige Photoarbeiten. Neben Porträts, Landschaften sticht immer stärker die künstlerische Architekturphotographie hervor: Gute Architektur von guten Künstlern wie Candida Höfer, Thomas Ruff oder Thomas Struth festgehalten, strahlt zeitlose Eleganz aus und kann in Details und Monumentalität noch beeindrucken. Andreas Gursky ist von dieser Generation wohl der international Erfolgreichste. Bereits eine 47 mal 57 cm große Photographie kommt auf 28.000 Euro.

Relativ günstig sind Filmstills der unzähligen Videoarbeiten: Für verträumte Gemüter empfiehlt sich Pipilotti Rist. Mit 5200 Euro ist man dabei. Videoarbeiten selbst verkaufen sich naturgemäß besser an die Museen, deren Direktoren auf der Suche nach Kunst für ihre Sammlungen oder nach Leihgaben durch die Kojen der Art streifen. Gesichtet wurden etwa Max Hollein von der Schirn-Kunsthalle in Frankfurt, wie auch ein glücklich fündig gewordener Klaus Albrecht Schröder von der Albertina.

Krystufek und Gelatin

Gleich neben der renommierten Züricher Galerie Hauser und Wirth, die Faszinierend-Abstoßendes von Paul McCarthy anbietet, stößt man auf den Wiener Galeristen Georg Kargl. Er setzt auf etabliert Österreichisches von Muntean/Rosenblum bis zu neuesten Arbeiten von Elke Krystufek, in denen sie sich auf ein extremes Hochformat verlegt hat.

Die Galerie Krinzinger hat neben Aktionismus eine schöne Installation von Tony Oursler im Programm und kann mit Keith Tyson sogar mit einem Turner-Preis-Nominierten aufwarten. Verstärkung bekommt die österreichische Kunst von der Züricher Galerie Ars Futura, die sich neben Krystufek und Erwin Wurm auch über die Gruppe Gelatin wagt.



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