Dornbirn (VN-ag) Florenz, Venedig,
London, New York, Kenia oder Burma - das italienische Künstlerduo
fasoli m&m betrachtet den Planeten Erde als Arbeitsfeld.
Digitalisiert, wird das dokumentarische Material, das
fasoli von ihren Reisen mitbringen, zum Ausgangspunkt für reizvolle
Fotoarbeiten, wie sie derzeit in der Galerie c.art in Dornbirn zu
sehen sind. m&m steht nicht als Abkürzung für irgendwelche
Vornamen, sondern fur ein gleichberechtigtes "marito & moglie"
(Ehemann und Ehefrau).
Paola (geboren 1943) und Giancarlo (geboren 1941, beide in
Verona, leben in Trient), wie die beiden mit bürgerlichem Namen
heißen, sind also Künstler- und Ehepaar zugleich. Seit 1984
beschäftigen sich die beiden in mehrdimensionaler Beziehung und im
ausgedehnten Arbeitsfeld Erde mit dem Verhältnis von Subjekt und
Raum. fasoli m&m praktizieren eine Form des Reisens, die mit dem
üblichen Abfahren und fotografischen Abklappern von jeweils anders
gearteten Lebens- und Kulturräumen als "locations" so gut wie gar
nichts gemein hat.
Visualisierte Interaktionen
Am ehesten lassen sich die Reisen, die wochen- oder gar
monatelange Aufenthalte als Leben vor Ort beinhalten, noch mit dem
Begriff der "Interaktion" beschreiben, weshalb sämtliche Arbeiten
von fasoli m&m mit "Spazio interattivo" (interaktiver Raum)
übertitelt und lediglich durch die chronologischen Werknummern im
Titel konkretisiert werden. Formen der Visualisierung sind neben
Aktionen, Performances und Video, in jüngster Zeit vor allem die
digitalisierte Fotografie, die fast unbegrenzt Überarbeitungen
erlaubt, ja geradezu einlädt zur "Korrektur" oder Auffrischung.
Bestimmt wird nur der Zeitpunkt der Abreise, die Dauer des
Aufenthaltes wird zunächst offengelassen. Vor Ort und am Ort
bedeutet Leben ein intensives Erleben, wenn sich fasoli m&m als
ebenso aufmerksame wie neugierige Beobachter auf die Bildpirsch
machen. Angeleitet von der Zufälligkeit von Begegnungen, von der
Entdeckung des Gleichen im Fremden, wird das Material erst nach der
Rückkehr und aus der Erinnerung des Gesehenen heraus gesichtet,
sortiert und vernetzt.
Architektur als Rahmen
Waren es eine (Reise-)Zeit lang die Bilder von Körpern
bzw. Körperfragmenten, die die Fotoarbeiten bestimmten, so liefern
in den Arbeiten jüngeren Datums in der Galerie c.art jeweils die
architektonischen Gegebenheiten eines Ortes quasi den Bildrahmen.
Die Fenster versehen die Künstler dagegen mit digitalen
Einsprengseln, die als neue, spannende Füllungen Szenen und Bilder
aus einem anderen Kontext einbringen. In einer Bildsprache, die
manchmal an David Hockney erinnert, und im kontrastreichen
Nebeneinander einer malerisch verschwommen wirkenden Häuserfassade
und genau nachgezeichneten "Szenen", wird der Betrachter innerhalb
eines Augenblicks durch die offenen Fenster automatisch und
unfreiwillig (aber nie ungut) zum Voyeur.
Wenn fasoli m&m nun in Dornbirn ihre sehenswerten Fotos aus
Venedig, Florenz, London und New York zeigen, dann hat dies mit den
üblichen Erinnerungsfotos, die Zeit und Ort festhalten, so gar
nichts mehr zu tun. Es sind vielmehr "Erinnerungsikonen" (Marion
Piffer-Damiani), die die beiden für die jeweiligen Orte schaffen.
Arbeit von fasoli m&m: Man wird nie ungut zum Voyeur.
(Foto: ag)