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Albertina: Suche nach Grund des Wassereintritts geht weiter

Blechdächer als "Gottesbeweis"

Am Dach des Speichers der Albertina wird der Grund für den Wassereintritt untersucht.

Am Dach des Speichers der Albertina wird der Grund für den Wassereintritt untersucht. (© APA / Roland Schlager)

Von WZ Online

Aufzählung Instandsetzung wird länger dauern als geplant.

Wien. Von "einem modernen Gottesbeweis" sprach der Direktor der Wiener Albertina, Klaus Albrecht Schröder, heute, Mittwoch, Vormittag bei einer Pressekonferenz zur Verhinderung der Katastrophe, die ein Wassereintritt in der Vorwoche im Zentraldepot des weltbekannten Museums beinahe verursacht hat.

Nur einfache Blechdächer, die der Leiter des Facility-Managements des Hauses, Helmut Myslik, auf eigene Initiative beim Bau des Depots über den Reihen der Tablare, in denen die Kunstwerke liegen, anbringen habe lassen, konnte die nach den Wassereintritten sonst unvermeidlich gewesene Katastrophe verhindern. "Bis heute ist kein einziges Kunstwerk beschädigt", versicherte Schröder.

Derzeit sind 50 Prozent der Sammlung aus dem Depot evakuiert. Schröder präsentierte die Leiter der mit den Bergungsmaßnahmen befassten Teams, die weiterhin unter Hochdruck arbeiten, der Presse: "Unsere Zeit ist süchtig nach Helden. Hollywood sagt uns, wie sie aussehen. Ich weiß es besser: Sie sehen so aus wie diese Damen und Herren und ihre Teams."

"Wie die Archäologen" arbeite man sich derzeit auf der Suche nach möglichen Ursachen für den Wassereintritt in das Zentraldepot der Albertina von der Bastei-Oberfläche Richtung Depot-Decke in die Tiefe. So schilderte Museumsdirektor Klaus Albrecht Schröder am Dienstagnachmittag die laufenden Arbeiten der Gutachter zur Schadensfeststellung.

Dabei werde unter einem Zelt vor den Augen von Vertretern der damals damit befassten Baufirmen Schicht für Schicht abgetragen. Das werde möglicherweise geraume Zeit in Anspruch nehmen: Vorläufig ist man auf einem halben Quadratmeter Fläche tätig. Zum Vergleich: Die gesamte Basteifläche umfasst 6.000 Quadratmeter, rund 1.000 bis 1.200 Quadratmeter davon liegen direkt über dem Kunstdepot.

Da man sich bei der Errichtung an der "Ö-Norm für wärmegedämmte Parkdecks" orientiert habe, sei als Isolierschicht Bitumen statt Foam-Glas verwendet worden. Dies habe aufgrund der darin stattfindenden Feuchtigkeitsverteilung nun den Nachteil, dass man zwar die drei Austrittsstellen des Wassers im Depot genau lokalisieren könne, nicht jedoch die Eintrittsstellen des Wassers. 2.059 Liter seien am Dienstag innerhalb von zwei Stunden abgesaugt worden. Da die ersten Kunstwerke in den Depotregalen in einer Höhe von einem Dreiviertelmeter eingeschlichtet seien, könne dennoch keine Rede davon sein, dass Werke beinahe "davongeschwommen" seien. "Pfützen und Lacken gab es dagegen leider schon."

Instandsetzung wird länger dauern

Die insgesamt vier verschiedenen im Depot verwendeten Kassetten-Arten hätten sich letztlich bewährt und die Kunstwerke vor Schaden bewahrt. Die von ihm in aufgeweichtem Zustand präsentierte Karton-Verpackung habe jedenfalls nicht Dürers "Feldhasen" enthalten, wie verschiedentlich gemeldet worden war. Auch das Depot sei grundsätzlich "ein hervorragend funktionierendes Depot" gewesen, "das Verrückte ist nur, dass man bei der Errichtung über alle Eventualitäten wie Brand oder Einbruch, nie aber über möglichen Wassereintritt geredet hat."

Man werde sich nun überlegen müssen, in welcher Art man das Depot wieder in Betrieb nehmen wolle, sagte Schröder. Sicher sei, dass der ganze Vorgang von Auslagerung und Instandsetzung wesentlich länger dauern werde als zunächst angenommen. "Man muss alle Szenarien überlegen - auch die ganz pragmatischen." Dazu zählt der Albertina-Chef etwa das Einziehen einer zusätzlichen wasserdichten Decke im Inneren des Depots.

"Aktuell haben wir zwei ganz andere, akute Probleme: Wir bringen mit den Kassetten viel Feuchtigkeit aus den Depots heraus, aber dafür in die anderen Räume hinein. Und wir brauchen viel mehr Fläche als zunächst angenommen", sagte Schröder. Nach der Entnahme der Verpackungen aus den Depots wird jede geöffnet, deren Inhalt unter den Augen von Kuratoren geprüft und die Feuchtigkeit gemessen. Bei vielen Werken ist es daher notwendig, die Kassetten eine Zeitlang geöffnet zu lassen, damit die Feuchtigkeit entweichen könne. Dies habe zeitweise zu einer Erhöhung der Luftfeuchtigkeit auf kritische 65 bis 70 Prozent geführt, so dass auch in den nun als Zwischendepots genutzten Räumen Entfeuchter aufgestellt wurden, benötige aber auch "tausende Quadratmeter". Die Möglichkeit einer zeitweisen Schließung der Albertina schloss Schröder auf Nachfrage jedoch dezidiert aus. (APA)

Mittwoch, 01. Juli 2009

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