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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
17. Dezember 2004
19:13 MEZ
Von
Markus Mittringer

Alex Katz in der Albertina
Bis 20.2.

alexkatz.com
 
Foto: Albertina
"Isca" ist von einer so natürlichen Anmut, wie sie nur in den Hamptons erzeugt wird. Ein Motiv, wie geschaffen für den Stilisten Alex Katz.

Neulich am Pool
Die Albertina zeigt Gemälde des 1927 geborenen Amerikaners Alex Katz: Erstmals werden auch die Kartons zu den Bildern öffentlich gezeigt

...Es bedarf eines großen Herzens, auch die als eigenständige Arbeiten durchgehen zu lassen.


Wien - Nun also Alex Katz in der Albertina. Ein Meister der Oberfläche. Ein Maler, wie er nicht besser in die Hamptons passen könnte. Ein ganz cooler Hund. Einer, der weiß, was Distanz ist. Einer, der den Unterschied zwischen Mode und Stil ganz genau kennt. Und lebt. Einer, bei dem Bilder auch wirklich Flachware sind. Bilder für Leute, die sich auch schon einmal ein Haus rund um eine Leinwand bauen lassen. Wegen der Stimmigkeit. Wegen des Lifestyles.

Unter Alex Katz muss man sich einen Maler vorstellen, den Männer mit Handtüchern als Motiv reizen, oder Forsythien oder Magnolienblüten. Und natürlich Frauen. Selbstredend nur schöne Frauen. Oft serienweise in Hochzeitskleidern. Aber auch in Kostüm oder Bikini. Und natürlich auch in dezenter Sportswear. Sich selbst sieht Alex Katz gerne im Sweatshirt.

"Für einen Künstler", sagt Alex Katz, "ist es das höchste, was er tun kann - etwas zu machen, was für seine Zeit real ist, in der er lebt." "Und", sagt Alex Katz noch, "Der Stil der Figuren ist elegant, dadurch wird auch das Thema elegant, und so halten es die Leute für glamourös. Weil man ja in einer Stadt lebt, in der Eleganz und Schönheit ein Wert zukommt, und das ist etwas, mit dem ich zu tun habe. Ich glaube, einige Leute können nur schwer akzeptieren, dass das Kunst ist - Eleganz und Schönheit."

Alex Katz' Bilder passen gut in die Albertina. Alex Katz Bilder passen gut zur Rolltreppe in deren Keller. Alex Katz' Bilder haben absolut nichts zu erzählen. Was den unüberbietbaren Vorteil hat, dass sie auch keinen Blödsinn erzählen können, einen nicht anlabern, nicht aufdringlich versuchen, irgend jemandes Psychomüll loszuwerden. Nichts.

Die sind super dezent. Man sieht eine Frau mit Sonnenbrille, und im selben Moment schon stellt sich der Erkenntnisgewinn ein: Es ist eine Frau mit Sonnenbrille!

Alles andere ist bloß Müll, den man selbst mitbringt, jede weitere Interpretation geht scharf am Thema vorbei. Kate ist blond. Und daran gibt es überhaupt nichts zu rütteln. Die Brünette auf dem Doppelbild Eyes Closed, Eyes Open #1, hat einmal die Augen offen und einmal die Augen geschlossen. Das ist toll. Und ebenso toll ist es, dass aus Ada im scharfen Gegenlicht eine Black Ada wird. Das hat jeder schon beobachtet. Das betrifft uns alle.

Und selbstverständlich könnte man hier jetzt einen Diskurs zur Pop-Art einflechten oder irgendetwas zu Charlie Parker sagen oder zum Begriff der Leere. Man könnte auch an sämtliche Ausprägungen des Selbstreferenziellen denken oder an Tamara Lempicka oder an Malen nach Zahlen. Man mag aber nicht. Dann wäre nämlich die Langeweile auch noch anstrengend.

Viel besser ist es, sich in diese Frau einfach hineinzuversetzen, die sich gerade ihren Morning am Pool vertreibt, nachzuvollziehen, was diesen Hardbody so bewegt, wenn er bräunt. Und schon ist man mitten drin in der wunderbaren Welt der Epilation. Schon verliert man sich in Fantasien über private Fitnesstrainer, spanische Stilettos und haarlose Katzen aus dem Vorderen Orient. Und schon braucht man auch ganz dringend eine Gallone Vodka-Orange, um das auch auszuhalten.

Eines aber sollte man nicht aus den Augen verlieren bei all dem Tagträumen: Die Albertina, die ja - was der junge Mensch heute oft gar nicht mehr weiß - ursprünglich eine Grafiksammlung war. Und genau in dieser Tradition steht auch die Alex-Katz-Ausstellung. Weil nämlich, erfährt man, der Alex Katz nicht nur "einer der einflussreichsten Maler der Gegenwart" ist, sondern "das Zeichnen das Kernstück" seiner Arbeit darstellt. Und also hängen neben den Bildern nun ganz delikat die zugehörigen Vorzeichnungen. Kartons nennt man die in der Fachsprache der Grafikliebhaber. Und auf denen wird angelegt (mit sichtbaren Fehlern, was wiederum die Kenner freut, weil sie daran den Menschen hinter dem Künstler festmachen können), was später durchgepaust wird. Merke: keine Eleganz ohne viel üben. (DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.12.2004)


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