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Poetische Recherchen im Raum

Zwei bedeutende Vertreterinnen der konzeptuellen Kunst bespielen derzeit die Galerie im Taxispalais: Ketty La Rocca und Helena Almeida.

INNSBRUCK. Die 69-jährige Helena Almeida ist eine der bedeutendsten zeitgenössischen Künstlerinnen Portugals. Sie betrachtet sich selbst als ihr ideales Arbeitsinstrument, weshalb ihr eigener Körper - oder jedenfalls ein Teil von diesem - immer im Mittelpunkt ihrer in mehrfacher Weise komplexen Kunst steht. Ein zweiter fixer Bestandteil von Almeidas Konzept ist die Fotografie, die zum Ausgangspunkt ihrer poetischen, bisweilen witzigen bzw. feministischen Recherchen im Raum wird.

Neudefinition

Programmatisch für Helena Almeida ist etwa eine an sich unspektakuläre Arbeit, die umgedrehte, auf Keilrahmen aufgespannte Leinwände zeigt, hinter denen der Kopf der Künstlerin herausragt. Den Kopf hat Almeida auf der Fotografie dieses Szenariums mit einem dicken blauen Pinselstrich übermalt. Die Künstlern schließt sich auf diese Weise in das Bild ein genauso wie aus, der Bildraum wird durch diesen handschriftlichen Eingriff neu definiert, die illusionistische Wirklichkeit mutiert zum realen Malgrund.

Noch deutlicher wird dieses Spiel mit der realen und der nur im Kopf existenten Wirklichkeit in anderen Arbeiten, in denen sich etwa ein fotografierter Faden in einem realen fortsetzt. In ihren neuesten, in der Hofhalle der Galerie im Taxispalais präsentierten Arbeiten spielt die Künstlerin schön mit poetischen Elementen. Etwa in einer, in der sie - den großen Lucio Fontana zitierend - eine Leinwand virtuell aufschlitzt, um in diesem Schlitz den Körper der Künstlerin sehr real verschwinden zu lassen.

Nur vier Jahre jünger als Helena Almeida war die Italienerin Ketty La Rocca, die 1976 38-jährig gestorben ist. Sie war eine der wichtigsten und anerkanntesten Konzeptkünstlerinnen ihrer Generation, deren Anfänge in der visuellen Poesie wurzeln.

Felder der Recherche

Der Auseinandersetzung mit Sprache, Schrift und Zeichen hat La Rocca immer wieder neue Facetten entlockt. Ihre in den frühen Sechzigerjahren entstandenen Arbeiten sind Collagen, die formal popartistisch anmuten, aber hintergründige Analysen sozialer und gesellschaftlicher Zustände sind. Das Bild der Frau oder die Dritte-Welt-Problematik sind Felder ihrer Recherche, später auch der Kunstbetrieb. Indem Ketty La Rocca Teile von Fotos durch Schriftzeichen oder schwarze Flächen ersetzt, hinterfragt sie genauso die üblichen Sehgewohnheiten der Betrachter wie die porträtierten Inhalte.

In den Siebzigerjahren entwickelte die Künstlerin reizvolle Serien mit Händen. Unterschiedlichste Beziehungen entwickeln sich zwischen diesen sich berührenden, ineinander verknäuelten oder einsamen weiblichen Händen, die handschriftlich umrahmt bzw. beschrieben sind mit geheimnisvoll verschlüsselten Botschaften.


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Galerie im Taxispalais, Maria-Theresien-Straße 45, Innsbruck; bis 10. August, Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr. Heute Freitag, 19 Uhr, führt Helena Almeida durch die Ausstellung.
2003-06-05 16:11:37