Neu entdeckt hat Albert Oehlen die Österreicherin Martha Jungwirth. Ihrer Malerei widmete er sogar einen eigenen Saal - mit einem Besucher in blauer Hose von Georg Baselitz.
Ein "Neuer Wilder" war er nie: Albert Oehlen ist es "piepegal" .
Warum das Ergebnis "nichts ist, was man sich erwarten würde" , verriet der Künstler Anne Katrin Feßler.
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STANDARD: Sie haben heuer schon einmal in Wien eine Ausstellung zum Thema Film kuratiert. Was gefällt Ihnen am Kuratieren?
Oehlen: Ich weiß gar nicht, ob mir daran so viel gefällt.
STANDARD: Gut, warum lässt man sich dann dazu überreden?
Oehlen: Eigentlich banal: Es ist die Herausforderung, einmal etwas zu zeigen, das nicht die eigene Arbeit ist. Das war der Spaß an der Sache. Ich zeige keines meiner Bilder und auch sonst nichts, was man sich erwarten würde - Arbeiten meiner Freunde zum Beispiel.
STANDARD: Ja, tatsächlich, mit Arbeiten von Martin Kippenberger oder Jonathan Meese hätte man gerechnet. Stattdessen sind außerordentlich viele österreichische Künstler versammelt. Wie kam das?
Oehlen: Manches hätte ich selber auch erwartet. Aber die Österreicher haben mich überrascht. Wenn man sich die Sammlungskataloge ansieht, stechen die Prachtstücke und Lieblingskünstler sofort ins Auge: Gerhard Richters blauer Himmel etwa oder zwei fantastische Bilder von Jörg Immendorf. All das habe ich trotzdem links liegen gelassen, weil es so naheliegend ist.
STANDARD: Also ein Konzept, das dem Naheliegenden ausweicht?
Oehlen: Ich wollte nichts Jeckes, also nichts Närrisches machen;etwas rauskitzeln, das gar nicht da ist. Ausgangspunkt sollten Arbeiten sein, die ich gut finde. Und dann stieß ich auf Sachen, die ich nicht - oder nicht genug kannte: Ich hatte noch nie ein Original von Franz Ringel gesehen. Dort habe ich etwas entdeckt, was mir vorher nicht bewusst war. Das brachte mich auf die Idee, in besonders lärmenden, spektakulären Arbeiten jenen Moment zu finden, der einen in die Mitte des Bildes reinsaugt; wo der ganze Krawall plötzlich verstummt und es eine andere Art von Intensität, etwas Hypnotisches gibt. Solche Bilder wollte ich kombinieren, auch wenn die Künstler aus unterschiedlichsten Ecken kommen. Deshalb sind Lüpertz, Rainer und Ringel in einem Raum vereint. Für einen Kunsthistoriker mag das vielleicht Quatsch sein.
STANDARD: War dieses Spiel mit Überraschungen der Grund, nichts Eigenes zu zeigen?
Oehlen: Ja. Es kam nicht infrage, den überraschten Blick mit dem zu vermischen, was einem besonders vertraut ist. Ich genieße das Unbekannte. Das Im-Trüben-Fischen ist bei mir ausschließlich positiv besetzt.
STANDARD: Nähern Sie sich mit der Malerei dem Unbekannten?
Oehlen: Ja. Aber es geht nicht darum, ständig neue Wege zu eröffnen oder sich in alle Richtungen auszuspreizen. Die Unsicherheit spielt bei mir die größte Rolle: sich auf unsicherem Terrain bewegen und nach etwas suchen, das man noch nicht benennen kann.
STANDARD: Was war Ihre größte Entdeckung?
Oehlen: Martha Jungwirth. Ein besonders radikales Bild von ihr sieht wie ein bekleckerter Fußboden aus. Ich habe nicht einmal auf die Datierung geschaut. Die ist schnuppe. Es gibt kein "zu früh" oder "zu spät" , wenn Arbeiten so außerordentlich gut sind.
STANDARD: Jungwirth ist mit Arbeiten ihres Lehrers Sigmar Polke und Freunds Julian Schnabel zusammengespannt. Sie haben also doch zwei Ihnen sehr nahestehende Persönlichkeiten ausgewählt.
Oehlen: Das waren Ausnahmen. Ich habe auch Polke wegen der malerischen Qualität ausgewählt, die hier wirklich in der Mitte des Bildes liegt. Da ist kein Siebdruck im Spiel, keines seiner Markenzeichen, auch nicht diese Picabia-artigen Überlagerungen. Die Bilder sind vom technischen Aspekt her sehr nahe an dem, was Schnabel und auch ich machen. Einfach mit dem Pinsel zusammengeschraubte Malfloskeln. Der Klops kommt dann eine Wand weiter, wenn Hundertwasser auf Polke losgelassen wird. Abstrakte Malerei mit eingeschränkter Freiheit.
STANDARD: Julian Schnabel wollte in Ihrem Atelier oft Ihre Bilder "vollenden" . Kollektives Arbeiten ist jedoch etwas, was Sie oft, zuletzt etwa mit Jonathan Meese, praktiziert haben. Was ist das Spannende daran?
Oehlen: Man ist auf jeden Fall auf fremdem Terrain und einem gewissen Druck ausgesetzt. Man schaukelt sich gegenseitig in etwas hinein, was man alleine so nicht machen würde. Man kann sich das nicht so simpel vorstellen, dass da zwei Qualitäten aufeinandergeschichtet werden und dann kommt noch einmal etwas noch Besseres heraus. Im Wesentlichen macht man es, um Spaß zu haben, um etwas zu lernen oder zu entwickeln.
STANDARD: In der Kunst ist "schön" eher ein Unwort, die Ausstellung trägt aber den Titel "Schönes Klosterneuburg" . Warum?
Oehlen: Weil ich den Begriff "schön" - wenn auch leicht trotzig - gerne im Mund führe. Denn ich glaube wirklich, dass das, was man als Künstler erzeugen möchte, auch schön ist. Deswegen lag mir das Wort auf der Zunge. Außerdem war ich es leid, originelle Titel zu suchen. Und einfach zu sagen, was es ist, wäre langweilig. Und das ist ja ein komischer Titel.
STANDARD: Im Untertitel zitieren Sie den Evangelisten Matthäus: "Und wenn dich dein Auge ärgert, so reiße es aus." Ein Vorschlag für Besucher?
Oehlen: Würde ich den Satz ins Vulgärdeutsche übersetzen, heißt er so viel wie:"Ich kann hier auch nur meine subjektive Sichtweise zeigen."
STANDARD: Also "Friss oder stirb" ?
Oehlen: Genau das ist der Subtext. ( Anne Katrin Feßler, DER STANDARD - Printausgabe, 15. September 2010)
Albert Oehlen (56), in Krefeld geborener Maler, gilt seit den 1980er-Jahren als einer der "Neuen Wilden" . Oehlen, der bei Sigmar Polke studierte, nennt sein die Möglichkeiten des Malerischen auslotendes Werk nicht ganz ernst "postungegenständlich" . Er lebt in Köln und La Palma. (Die Ausstellung läuft bis 30. 1.)
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