ARIANE GRABHER
Bregenz (VN) Rot ist Kraft und Energie, Leidenschaft und Erotik.
Für die österreichische Künstlerin Ona B. (geboren 1957, Wien)
bedeutet Rot schlicht das Leben. Die Farbe zieht sich durch ihre
persönliche und künstlerische Biografie wie der sprichwörtliche
Faden. In China hingegen, wo ihre jüngsten Arbeiten entstanden sind,
ist Rot die Farbe der Freude und des Glücks.
Unter dem Titel "The Great Wall" zeigt Ona B. im Foyer der
Werkstattbühne des Bregenzer Festspielhauses Fotoarbeiten als
Ausschnitte aus ihrem neuesten Projekt, das aus der Zusammenarbeit
mit dem chinesischen Künstler Cang Xin resultiert.
Im Bett mit Mao
Bereits 2003 haben sich Ona B. und Cang Xin bei einer Ausstellung
in Shanghai kennen gelernt. Sofort, so erzählt die Künstlerin, seien
ihnen die Ähnlichkeiten im Werk des Anderen aufgefallen. Bereits am
nächsten Tag beginnt die bis heute andauernde Zusammenarbeit mit
einer gemeinsamen Performance auf der chinesischen Mauer. Es folgen
Winterbilder, aufgenommen im kaiserlichen Sommerpalast in Peking,
sowie die Arbeiten " In Bed with Mao" . Als eindringliche "
Bildinszenierung transkulturellen Wollens" (Carl Aigner) sucht Ona
B. im Aufeinandertreffen mit der anderen, fremden Kultur weniger die
Konfrontation, als vielmehr die Gemeinsamkeiten in Denk- und
Arbeitsweise. Im Re- und Transformieren innerer und äußerer
Aggregatszustände, in der Achtung vor der Natur und in den
alchemistischen Bezügen findet die Berührung zwischen Ost und West
statt.
Dabei schöpft die Künstlerin, die zwischen Glamour und Konzept
das Geheimnis um ihre Person unter dem Pseudonym Ona B. sorgfältig
wahrt, aus dem Reservoir ihrer Verletzlichkeit. Die das Schaffen
charakterisierende Vielfalt - medienübergreifend, vom Bild in den
Raum, vom Leben zur Kunst und zurück - findet sich in jeder
einzelnen Arbeit wieder. Besonders die neuen großformatigen
Fotoarbeiten, die allein schon durch ihre Dimensionen (ca. 4 x 3 m)
sehr präsent sind, bekennen sich zu einer sinnlichen Ästhetik.
Aufgenommen vor der Kulisse der chinesischen Mauer, die für Ona
B. die Grenzziehung zwischen dem gigantischen östlichen Reich und
dem Westen markiert, zeigen sie Ona B. und Cang Xin in äußerster
Harmonie in rotes Tuch gehüllt oder mit langen, ineinander
verflochtenen Haaren. Diese Inszenierung ist in Anlehnung an das
Projekt " Great Wall Walk" der aus Belgrad stammenden Künstlerin
Marina Abramovic und Ulay entstanden, die während 90 Tagen die Mauer
entlang aufeinander zuliefen, um sich dann Lebwohl zu sagen.
Diese existenzielle Dimension geht den auf Kommunikation
fokussierten Arbeiten von Ona B. und Cang Xin zwar ab, doch
entstehen im Zusammenwirken von Ost und West Bilder von tiefer
Schönheit und unbestritten starkem Ausdruck.