Clark Kent ist ein Chippendale!
Von Claudia Aigner
Eine Frau legt sich auf den Operationstisch, verpuppt sich
und wenn sie später wieder schlüpft, ist sie um ein paar Nuancen schöner?
Schönheitschirurgie auf "Schmetterlingisch" sozusagen. Aus dem Kokon, den
Andrea Kalteis in die Galerie Steinek (Himmelpfortgasse 22) gelegt hat,
wird am Ende aber wohl doch niemand herauskommen. Bis 4. August kann
man ja trotzdem warten, ob die "Schlafende Frau im Kokon" aus ihrem
Schönheitsschlaf aufwacht, denn bis dahin ist die spannende Schau zum
Thema Porträtkunst ("face the face") noch geöffnet. Kalteis hat hier
übrigens der typisch weiblichen Handarbeit (dem Weben) die typisch
männliche Handarbeit (das Operieren) einverleibt, nämlich medizinische
Handschuhe in ein ganz normales Webstück aus Wolle mit hineinverwoben und
aus dem Ganzen einen vielsagenden und unglaublich sinnlichen Kokon genäht.
Und was hat Julius Deutschbauer mit Samson gemeinsam? Beide haben
(jedenfalls anfangs) Haare auf dem Kopf, der eine geht regelmäßig zum
Friseur (und folgt dabei der Devise "Den Rest bitte einpacken"), der
andere fällt der Radikalfriseuse Delila in die Hände. Deutschbauer hat nun
die Buchstaben A bis Z in so etwas wie Reliquienbehälter umgestaltet
(Inhalt: die Abfälle seiner Friseurbesuche). Quasi ein Selbstporträt als
die ganze Menschheit (weil praktisch jeder Name mit einem der 26
Buchstaben beginnt). Clark Kent, der im zweiten Leben ein Chippendale
(also eh fast Superman) ist: Matthias Herrmann ist ein ironischer
Verkleidungs- und Selbstbefriedigungskünstler, seriös und obszön, einmal
gemein wie der böse Wolf und dann wieder entzückend wie Rotkäppchen, kurz:
ein begnadeter Alleinunterhalter, der für seinen Fotoapparat laufend eine
Vorstellung gibt. In Bestform ist er, wenn er seinen körperkünstlerischen
Kommentar zu Zitaten abgibt. Als "Kevin - Allein zu Haus" vergnügt er sich
etwa als praktizierender Beate-Uhse-Kunde (der Stöpsel in seinem Hintern
ist sicher kein Hausmittel gegen Durchfall), und wenn er als tadelloses
Unterhosenmodel in einer Calvin-Klein-Unterhose steckt, muss ihm natürlich
ein unangebrachter Körperteil herausrutschen (frei nach Gianni Versace:
"Show them what you've got"). Rettet das Wiener Schnitzel, verhängt
die Schubhaft über alle Frühlingsrollen! Sébastien de Ganay ironisiert mit
seinen Porträts von Asiaten (Titel: "Die österreichische Küche in Gefahr")
die "Umvolkung" des nordischen Gaumens. Dafür bedient er sich einer
raffinierten Technik: Er malt auf Plastikfolien, die er faltet und in
üppige Wellen legt. Und selbstverständlich ist auch ein Arnulf Rainer
(aber noch viel mehr) da, der ja bekanntlich über mehr Gesicht als die
meisten anderen Leute verfügt.
Erschienen am: 27.07.2000 |
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