Nachholbedarf in Sachen Fotografie

Der Fotoexperte Peter Weiermair über die Fotografie-Szene in Österreich.


Peter Weiermair gilt als einer der führenden Experten in Sachen Fotografie. Als prominenter Museumsmann hat er sich in Österreich schon früh auf die Kunstform der Fotografie spezialisert. Durch Publikationen wie "Fotografie als Kunst. Kunst als Fotografie" hat er Pionierarbeit geleistet. In den 80er Jahren leitete er die Salzburger Galerie Thurn und Taxis, in der zur Zeit eine Fotoausstellung mit konzeptuellen Arbeiten mit Österreich-Bezug gezeigt wird. Heute steht er dem Salzburger Rupertinum vor, das eine Zeitlang als Standort für ein österreichisches Fotomuseum im Gespräch war. In den 80iger Jahren war er fast ein Jahrzehnt lang Chef des Kunstvereins in Frankfurt.

Dorothee Frank hat mit Peter Weiermair gesprochen.

Durch Ihre Tätigkeit in Deutschland haben Sie den Vergleich zwischen der österreichischen und der deutschen Fotografie-Szene. Hinkt Österreich da etwas nach?

Was die Mängel betrifft, gibt es sicher Ähnlichkeiten. Bei der Gründung eines Fotomuseums in Berlin gab es ähnliche Probleme, die man jetzt auch bei der Gründung in Österreich kennt. Andererseits ist Deutschland natürlich ein viel stärker föderalistisch organisiertes Land, d.h. es gibt etwa in Essen oder in Hannover Museen mit Abeilungen, die sich in ästhetischer Hinsicht schon lange mit Fotografie auseinandersetzen. Das alles hat aber noch lange nicht die Qualität, die in Amerika besteht.

In Österreich gibt es keine großen Institutionen und kein bedeutendes Netzwerk und Defizite bei der Ausbildung. Ist das der Grund, warum die Big Players, die international erfolgreich sind, doch meistens aus der Malerei oder anderen Bereichen kommen?

Es stimmt sicher, dass die Fotografie in Österreich einen vergleichsweise kleineren Stellenwert hat als in anderen Ländern. Die großen Figuren der Szene wie etwa Franz Hubmann oder Inge Morath sind außerdem der Fine-Art-Fotografie, also der edlen Schwarz-Weiß-Fotografie zuzurechnen.

Die Fotografie-Welle ist bei uns erst vor einigen Jahren breit angelaufen. Hat Österreich den Anschluss an die internationale Entwicklung schon verpasst? Bei der Biennale in Venedig heuer wurde klar, dass es relativ wenig Fotografie als künstlerisch isoliertes Medium gibt.

Ja, aber das hat mit dem Kurator Harald Szeemann zu tun und mit seinem Blick auf die Kunst. Er hat sich nie sehr für Künstler interessiert, die sich sehr intensiv mit dem Medium Fotografie auseinandersetzen. So inspirierend die Biennale war, so subjektiv war sie auch. Nehmen Sie dagegen die Documenta, wo die Fotografie ganz stark vertreten war.

Sie glauben nicht, dass Videokunst und im Speziellen spielfilmartige Videokunst in den Vordergrund treten?

Dieses Cross-Over vieler jüngerer Künstler, sich nicht auf ein Medium festlegen zu lassen, ist sicherlich ein Zeichen der ganz aktuellen Kunst. Wenn Sie Messen besuchen, sehen Sie aber den großen Prozentsatz an bildförmiger Fotografie, Tafelfotografie. In Österreich ist es wichtig, dass aufgearbeitet wird. Vieles ist ja noch unerforscht. Aber auch für andere Länder gilt: Es gibt zwar wunderschöne Coffee-Table-Books, aber das sind keine wissenschaftlichen Bücher, das sind schnelle Bild-Anthologien, die von den Herausgebern geprägt sind.

Das würde aber auch das Preisniveau in die Höhe treiben, das sich dem internationalen angleichen würde.

Ja, aber heute ist es noch so, dass selbst unsere großen Pioniere bei einer Versteigerung etwa im Dorotheum noch viel günstiger sind als bei Sotheby's in New York.

Wie beurteilen Sie die Qualität der Magazin- und Zeitungsfotografie in Österreich?

Hier liegt das Problem bei den Auftragsgebern. Zeitungen leisten sich kaum mehr Fotografen und bedienen sich stattdessen bei Argenturen. Die Folge ist, dass heute fast jede Zeitung dasselbe Foto bringt, was eine Verarmung ist. Andererseits gibt es aber heute große Fotografen, die mit Modezeitschriften zusammenarbeiten. Ich selbst sehe mir gerne "Vogue" an und nicht weil ich mir ein Jäckchen kaufen will.

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