Ausstellung: Danica Dakiæ
Traumhafte Fragmente der Entfremdung
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Poetisch: Dakiæs "Autoportrait". Foto: Daki æ/VBK Wien
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![Aufzählung Aufzählung](00088312-Dateien/wzfeld.gif)
(bbb) Danica Dakiæ fiel auf der letzten Documenta mit einer Arbeit rund
um die paradiesische Panorama-Tapete der elsässischen Firma Zuber auf.
Sie vernetzte diese alten Paradiese mit heutigen Handlungsräumen – in
"El Dorado" mit den Biografien von minderjährigen Flüchtlingen in
Kassel; in "Isola Bella" mit einer Theatertruppe behinderter Menschen
aus dem bosnischen Pazariæ.
Nun ist der Künstlerin die erste Personale der wieder ohne Bawag
Foundation agierenden Generali Foundation gewidmet. Tom Holert
beschreibt ihre Konzepte als alogisch; Sabine Folie ortet Anlehnung an
die Pathosformeln des Kulturhistorikers Aby Warburg: Ob dies die hohe
poetische Ausstrahlung dieser Arbeiten im Kopf entstehen lässt, bleibt
fraglich, doch sind dies zwei gelungene Versuche, theoretisch darauf zu
antworten.
Dakiæ lässt Gefühle der Erinnerung, nicht gerade nostalgisch, aber
durch paradoxe Reihung von Bildern entstehen – sie studierte bei Nam
June Paik in Düsseldorf, nachdem sie ein Malereistudium in Belgrad
absolviert hatte. Man spürt beides – und auch die wissenschaftliche
Fundierung bei Gesten, Rollenspiel und bei der Suche nach dem Ursprung
der Sprache im Bild.
Sogar klischeehafte Mythen wie die der "Zigeuner" als fahrendes
Schauspiel- und Musikvolk versucht die 1962 in Sarajewo geborene
Künstlerin durch Rollenstudien anders zu erzählen.
"Role-Taking, Role-Making" (2004/05) ist eine filmische Verknüpfung
von Dokumentation und Fiktion und deren verschiedener Erzählweisen. Dem
Kriegstrauma Balkan, vermittelt in einem kosovarischen Flüchtlingscamp,
steht die fragwürdige Integration in Deutschland gegenüber. Im Film
sind Mitglieder des Roma Theaters Pralipe aus Skopje, die in Köln 2004
Insolvenz anmelden mussten, zu sehen. Die im Streifen wiederholte
"Bluthochzeit" von Federico Garcia Lorca war ihre letzte Aufführung.
Ohne Theorie-Last
Sprachverwirrung und Traumerzählung, von Babylon bis heute, wird im
Film "Autoportrait" (1999) mit zwei Mündern statt Augen thematisiert –
oder mit den von der Wand sprechenden Mündern in "Zid/Wall" (1998). Das
laufende Bild ersetzt die nur in Fetzen verständliche "Oral poetry".
Poesie findet sich auch in Dakiæs Schwenk nach Indien. In "Casa del
Lago" (2008/09) wird der Tod der Natur zum Theater der Auflösung. Ein
komplexes Werk voll philosophischer Untertöne, aber ohne theoretisches
Übergewicht. Es dominiert der dezente Charme meist verständlicher
Bilder.
Ausstellung
Role-Taking, Role-Making: Danica Dakiæ.
Sabine Folie, Georgia Holz (Kuratoren)
Generali Foundation
bis 16. Mai
Printausgabe vom Mittwoch, 10. März 2010
Online seit: Dienstag, 09. März 2010 17:04:00
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