Ars Electronica will sich zum 30. Geburtstag neu erfinden
Die zweite Natur des Menschen
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Professor Hiroshi Ishiguro (links) präsentiert seinen Androiden-Zwilling "Geminoid" der Öffentlichkeit.
(© APA)
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Von WZ Online
Linz. Heuer wird die Ars Electronica
ein ganz "besonderes Festival". Dies kündigte der Leiter Gerfried
Stocker zum Auftakt der Veranstaltung an. Thematisiert werden heuer
Eingriffe in die "Human Nature", die menschliche Natur.
Dabei geht es um jene Prozesse, die durch Bio- und Gentechnologie
ebenso wie die "über uns hereingebrochene digitale Revolution"
ausgelöst wurden und werden, so Stocker. Die Ars Electronica feiert im
Rahmen des EU-Kulturhauptstadtjahres seinen 30. Geburtstag.
So ist der "um uns herumschwirrende Datenstrom" mittlerweile zur
zweiten Natur des Menschen geworden, schilderte Stocker. Nicht zuletzt
um "weiter den Blick in die Zukunft zu richten", hat sich das bisherige
Computerkunstfestival daher "neu erfunden": Insbesondere auch mit dem
zu Jahresbeginn eröffneten vergrößerten Ars Electronica-Center (AEC)
rücken die bisherigen Geek-Themen rund um Computer, Internet und
Medienkunst sowie deren Einfluss auf die Kultur etwas aus dem Blickfeld
und machen Platz für Fragen der sogenannten "Life Sciences": So gehören
zu den heurigen Preisträgern des "Prix Ars Electronica" u.a.
Menschengene im Blumen-Klon von Eduardo Kac.
Festival im Stress-Test
Mit dem nun beginnenden Festival wird diese Neuausrichtung erstmals
dem Stress-Test ausgesetzt. Während die didaktische Wissenschafts-Schau
im AEC rund um Pflanzen-Gene und optische Täuschungen vor allem für
Schulklassen interessant sein dürfte, reist derzeit jenes Laptop
tragende, computeraffine Festival-Publikum an, das die Themen der Ars
Electronica bisher goutiert hat. Wie weit sich dieses mit dem "ersten
Schritt in die nächste Zukunft" des Festivals anfreunden kann, wird
abseits des inhaltlichen die eigentlich spannende Frage für die
nächsten Jahre der Ars Electronica sein.
Statt den Blick auf den Bildschirm oder auf die sozialen
Auswirkungen der Digitalisierung zu richten, schaut etwa die "Human
Nature"-Schau im Brucknerhaus nun auf den Menschen: So setzt sich die
Installation "Drink.Pee.Drink.Pee.Drink.Pee" mit dem menschlichen Urin
auseinander, die "Future Farm" zeichnet ein Zukunftsbild des Menschen
als Nährboden für den Anbau neuer pharmazeutischer Produkte. Damit soll
neues Publikum gewonnen werden, Stocker wünscht sich "immer mehr Leute"
bei der Ars Electronica. Aufgabe wird aber auch sein, das alte Publikum
mitzunehmen.
Neu und Alt
Jedoch nimmt die "Neuerfindung" ohnehin auch Aspekte der bisherigen
Themen auf: Neben den technologischen Eingriffe in die menschliche
Natur (das "Zusammenwachsen von Mensch und Maschine", so Stocker)
erfährt auch das gesellschaftliche Zusammenleben derzeit neue
Möglichkeiten, die im Festival mit den "Digital Communities"
thematisiert werden. Nach der "Globalisierung des Datenstroms", die die
vergangenen 30 Jahre vollzogen wurde, steht nun die "Globalisierung des
Handelns" an, so Stocker: Im sogenannten Web 2.0 ("auch wenn diesen
Begriff niemand mehr hören kann", so Stocker) werden manche jener
Demokratisierungs-Utopien verwirklicht, die die Entstehung des World
Wide Webs begleitet haben.
"Natürlich sind viele dieser Utopien auf der Strecke geblieben", so
Stocker. "Es ist aber produktiver, auf jene Sachen zu fokussieren", wo
sich durch online gebildete Initiativen Bedingungen des
gesellschaftlichen Zusammenlebens, der Politik oder der öffentlichen
Partizipation verbessert haben, so Stocker. "Dort sind Möglichkeiten
entstanden, dass sich Menschen global organisieren, um ihre Anliegen
durchzusetzen".
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Ars Electronica
Donnerstag, 03. September 2009
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