04.04.2002 21:58:00 MEZ
Schülern "Pornos" empfohlen
FPÖ macht Linzer Keith Haring-Ausstellung im Landtag zum Thema

Linz - Lutz Weinzinger "musste sich die Ausstellung ansehen". Nachdem er bereits erwachsen ist, fand er die Strichmännchen von Keith Haring "harmlos", trotz "primitiver Pornografie". Doch der Anblick "kopulierender Tiere oder Männer" seien für Kinderaugen eine Zumutung. Und deshalb findet es der FP-Landtagsabgeordnete ungeheuerlich, dass der oberösterreichische Landesschulrat diese Ausstellung empfiehlt. Diese Weisung brachte er in der Landtagssitzung am Donnerstag zur Sprache.

Bereits im März kam der freiheitliche Volksanwalt Ewald Stadler zum selben Urteil, nachdem sich "besorgte Bürger" an ihn gewandt hatten. Sie berichteten, dass Minderjährige vor "Darstellungen mit homosexuellen, sadistischen und blasphemischen Handlungen" ihre Eindrücke den Klassenkameraden mitteilen müssten. Stadler beantragte beim Unterrichtsministerium eine Untersuchung. Die Ausstellung des weltberühmten Amerikaners, der mit 31 Jahren an Aids starb, läuft noch bis 24. April.

Keine Zensur

Der freiheitliche Abgeordnete Weinzinger wollte jetzt im Landtag den Fall "klären". Er fragte bei VP-Landeshauptmann Josef Pühringer nach, wie er "in seiner Funktion des Präsidenten des Landesschulrates" zur Ausstelllungsempfehlung stehe: "Ich wehre mich gegen Zensur meinerseits." Als Politiker mische er sich nicht in pädagogische Entscheidungen ein, die von Fachleuten getroffen werden. Es sei "ja keine Empfehlung an die Schüler, sondern an die Lehrer." Diese bereiten ihre Klassen altersgerecht auf die Thematik der Ausstellung - Tod, Gewalt, Sexualität und Religion - vor. Keith Haring gelte als "ausgezeichneter Künstler mit internationalem Renommee", merkte Pühringer noch an. Was der Freiheitliche etwas anders sieht: Ein "Homosexueller und Rauschgiftsüchtiger" werde auf Volksschüler losgelassen, zeigt er sich empört.

340 Schulkassen besuchten laut der Neuen Galerie seit 24. Jänner die Ausstellung. Darunter waren 35 Volksschulklassen. Alle Klassen werden von Museumspädagogen begleitetet.
(ker/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5. 4. 2002)


Quelle: © derStandard.at