Die eigene Identität in die unendliche Vielzahl des Möglichen verwandeln: Arnulf Rainers "Antiker Geierdreck" (1969/74).
Die Ausstellung "Visages" zeigt unterschiedlichste Serien, bleibt dabei allerdings recht unverbindlich.
***
Baden - Die Suche nach dem Unbetrachtbaren, nach dem letzten Ekel trieb Arnulf Rainer an: "Ich suche etwas, was wirklich solche Abscheu erregt, dass die Leute sich von meinen Bildern abwenden" , sagte er über seine Beschäftigung mit dem Phänomen des Todes. Ähnlich wie Buddha, dem sich in der Betrachtung der Verwesenden das Geheimnis des Lebens vermittelt habe, suchte auch Rainer nach der Wahrheit in den Gesichtern - bei ihrem "Eintritt in das Gesichtslose" .
Die Ausstellung Visages im Rainer Museum in Baden schenkt zwar nicht allein dem toten Antlitz Aufmerksamkeit, jedoch bilden die Totenmasken eine der großen Werkgruppen in der von den 1950er-Jahren bis heute reichenden Präsentation. Hinzu kommt, dass die Bilder auf dem allgegenwärtigen Marmor des ehemaligen Frauenbades, auf diesem morbiden Material der Sarkophage und Mausoleen, eine besondere Intensität erhalten. Hier fügt sich glücklich, was der kraftvollen, lebendigen Geste in Rainers Malerei sonst zum Nachteil gereicht.
Nach seinen Fingermalereien, den Grimassenbildern und den Selbstübermalungen habe er Ende der 1970er-Jahre etwas weniger Vehementes, etwas Friedlicheres schaffen wollen, sagte Rainer viel später im Rückblick. So sind die Übermalungen der Totenmasken und Totengesichter keiner aggressiven Geste verpflichtet; es ging ihm nicht um die Auslöschung der Person, sondern darum, die Ähnlichkeit mit dem Leben aufzulösen und den Blick auf das zu richten, was da unweigerlich kommen wird: die Zersetzung.
Den Auftakt zu der sonst keiner Chronologie oder offensichtlichen Logik folgenden Schau bilden zwei Arbeiten aus der Serie der Selbstübermalungen (meist 1972/1973) im Karolinenbad. Eine Reihe, die an völlig anderer Stelle des Museums fortgesetzt wird: Eines der Bilder mit dem Titel Geburt macht deutlich, dass Rainer - selbst wenn er von der "Zerstörung meines Antlitzes" spricht - immer an Erneuerung interessiert ist, sich stets auf der Suche nach neuer Form befindet: "In gewisser Weise wird darin ein neues Wesen oder ein neuer Mensch entstehen." In der Filmdokumentation An die Grenzen der Malerei (1984) beschreibt Rainer diese Hoffnung auf neue Form: "Ich tauche meine Finger in die Farbe, taste über die Malfläche, in der Hoffnung auf ein Ereignis." Erfüllte sich diese nicht, verfiel er in Depressionen.
Ins Eck gepfercht
Ungeachtet der ungeheuren Energie und Qualität von Rainers Werk gibt die Hängung im Museum seiner Heimatstadt immer wieder Anlass zum Kopfschütteln: Ob ins Eck gepfercht oder zu zweifelhaften Triptychen mit Fluchttür und Feuerlöscher komponiert, zeugt sie nicht gerade von Sensibilität. Die wunderbaren Grafitbilder (1967-1969), etwa Die versteinerten Weiber, stecken allesamt hinter spiegelndem Glas. Leider. Einzig die Kabanen des ehemaligen Bades, die jeweils nur ein Bild beherbergen, kommen der Individualität der Gesichter entgegen. Wunderbar darin aufgehoben sind die erfrischenden Serien der Affen oder Straßenräuber. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD - Printausgabe, 13. November 2010)
Bis 31. 5.
Westpolnische Kleinstadt überbot nach fünfjähriger Bauzeit und mit 440 Tonnen Material die Konkurrenten in Bolivien und Brasilien
Ein Wunder, dass es überhaupt steht: Das Gebäude des Österreichischen Kulturforums New York ist ein kleines, feines Kapitel Kulturgeschichte
Motto "People meet in Architecture" erfuhr Bestätigung - Till Briegleb erhielt Foto-Preis
Friedrich Achleitner reist seit 45 Jahren durchs Land und dokumentiert die österreichische Architektur. Der aktuelle Band: 500 Seiten
Ergänzungen an antiken Statuen im Regierungssitz in Rom treffen auf masssive Kritk
Zwei temporäre Ausstellungen in Wien: Die eine dockt wie ein Parasit an einen Konsumtempel an, die andere belebt einen Leerstand
Porträtgemälde von Parlamentspräsidenten misslangen deutlich - Protokollchef trat zurück
Die Kunsthalle Krems widmet dem Nouveau Réalisme und Daniel Spoerri Ausstellungen - der Eat-Art-Künstler im Interview
Marienstatue mit roter Farbe besprüht - Kleinplastik gestohlen
Im Durchschnitt gelangen weltweit nur 15 Arbeiten von Anselm Kiefer jährlich zur Versteigerung – eine davon jetzt in Wien
Meina Schellanders Ausstellung "standzuwendezustand" im Wiener Jesuitenfoyer
Gregory Crewdson unternahm für seinen Fotoband "Sanctuary" einen Ausflug nach Cinecittà
Erstmals Aufruf an Private - In angelsächsischen Ländern bereits üblich
190 leidenschaftliche Momente aus dem Leben Rudolf Leopolds: Am 7. Dezember versteigert das Dorotheum Teile seiner Privatsammlung
Otto-Mauer-Preis erstmals für Performance-Kunst vergeben
Mit der fiktiven Eröffnung eines Bordells in Steyr konfrontieren zwei Künstlerinnen die Bevölkerung mit ihren demokratischen Strukturen
Ausstellungen, Performances, Atelierbesuche, Symposien und vor allem jede Menge Diskussionen und Get-together
Die Galerie der Stadt Wels zeigt unter dem Titel "Golden Nature" Arbeiten der Malerin und Bühnenbildnerin Ursula Hübner
Francesca Habsburg möchte den Krischanitz-Pavillon temporär neben dem 20er-Haus aufstellen
In William Kentridges Installation "Ich bin es nicht, das ist nicht mein Pferd" in der Ausstellung "Fünf Themen" wird ein ebenso brillanter wie furchterregender Blick auf Gesetze des Totalitarismus gerichtet
Kunstobjekt aus dem 18. Jahrhundert zufällig bei Hausauflösung entdeckt
Dem Leben als Ursprung und Ziel künstlerischer Aktivitäten widmet der Künstler Hugo Canoilas die Gruppenausstellung "The Poetics of Life" in der Galerie Dana Charkasi
Joseph Binder Awards vergeben
Fotografische Expeditionen in der Wohnung eines dandyesken Globetrotters im Momentum
Drei Tage ab 19. November - im Überblick
Zur bis 28. November laufenden Ausstellung von Nadim Vardag im Augarten Contemporary
Christoph Schlingensiefs "Animatograph" bildet das Zentrum der Performance-Ausstellung "Figura cuncta videntis" bei Thyssen-Bornemisza Art Contemporary in der Himmelpfortgasse
Rund 400 Werke des Schweizer "Magnum"-Mitarbeiters im Rahmen des "Monats der Fotografie"
"umfunktionieren lernen" in Emailfragen an Eduard Freudmann, Elke Gaugele, Utta Isop und Andreas Kemper - Aus der Zeitschrift der IG Bildende Kunst
Unter dem Titel "The Brazil Series" zeigt das Statens Museum For Kunst 40 neue Gemälde des Musikers
Die Kommentare von User und Userinnen geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen (siehe ausführliche Forenregeln), zu entfernen. Der/Die Benutzer/in kann diesfalls keine Ansprüche stellen. Weiters behält sich die derStandard.at GmbH vor, Schadenersatzansprüche geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.