Ein Kraftakt für die Moderne
Triennale. Die Landesgalerie, das Lentos Kunstmuseum und das Offene Kulturhaus proklamieren Linz als Zentrum für Gegenwartskunst.
GUDRUN WEINZIERL LINZ (SN). Zu einer Megaschau mit Ausstellungen, Liveperformances und Projekten als temporäre Interventionen von 114 Kunstschaffenden ist die Triennale Linz 1.0 angewachsen. Den Auftakt bildet ein dreitägiges Eröffnungsfest, das noch bis 5. Juni andauert. Spektakuläre Höhepunkte des Fests liefert das Performanceprogramm: Beispielsweise rast, tanzt und springt die „Cie. Willi Dorner“ in dem einstündigen Performanceparcours „bodies in urban spaces“ am Samstag um 16 und 20 Uhr vom Platz des Offenen Kulturhauses OK über den Hauptplatz zur Landesgalerie und zum Lentos.
Die Performer besetzen Nischen, stapeln sich in Ecken, verkleiden Wände oder drapieren sich auf Stufen. Dorner beabsichtigt mit dieser Performance die in der Stadt limitierten Bewegungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Nicht einen, sondern viele Blicke wird man werfen müssen, um die Arbeit österreichischer Gegenwartskünstler zu erfassen, viele von ihnen sind unter 35 Jahre alt, viele haben Migrationshintergrund, die Hälfte sind Frauen. Bei einer Dauer von fast vier Monaten – bis 26. September – haben Besucher ausreichend Zeit, in Kunst „made in Austria“ einzutauchen. Um mögliche Ratlosigkeit klein zu halten, ist die Nutzung des engagierten Vermittlungsprogramms, für Eilige oder Einsteiger als „Blitzlichtführungen“, empfehlenswert. Zum „Abhängen“ wird täglich ab 19 Uhr zur „Blauen Stunde“ über den Dächern von Linz in eine von Michael Kienzer gestaltete Lounge geladen. Auf dem Flachdach eines Parkhauses setzen sich Künstler mit dem Thema Auto/Kino auseinander.
„Öffentlicher Raum“ spielt auch im wieder genutzten „Höhenrausch“-Holzparcours eine Rolle. Im Skulpturenpark der Landesgalerie ist ein ausgedientes Segelschiff vor Anker gegangen: Als „La Paloma Bar“ wird dieses Skulpturenprojekt Hans Kropshofers Treffpunkt für die Kulturdiskussion beim Feierabendbier und Ort von Sehnsüchten.
Linz will an die Intensität des Kulturhauptstadtjahres 2009 anknüpfen. Stella Rollig, Direktorin des Lentos, versteht die Triennale als einen „Zeitschnitt zeitgenössischer Kunst“. Und da sich die Leiter der drei Häuser – neben Rollig Martin Hochleitner als Chef der Landesgalerie und Martin Sturm als Direktor des OK – trotz ähnlicher Ausrichtung ihres Programms sehr gut verstehen, haben sie ihre Energie gebündelt. Kunstuniversität, die Freie Szene und die Ars Electronica tragen zudem zur hohen Dichte an Einrichtungen der Gegenwartskunst bei.
Ausgewählt wurden laut Rollig Künstler, die nicht nur „aktuelle Haltungen“, sondern auch aktuelle Arbeitsweisen deutlich machen, Positionen, die aus der Sicht der drei Direktoren die nächste Dekade prägen werden. Nicht das Etablierte, Abgesicherte, sondern das Zukunftsweisende und Experimentelle wird gezeigt.
Das „Anarchistisch-Zersetzende“ beginnt laut Martin Sturm das „Politisch-Korrekte“ in den Hintergrund zu drängen. Forschung und Dokumentieren der Videokunst werden reduziert, die Skulptur als älteste künstlerische Ausdrucksform tritt dafür in den Vordergrund: Ines Doujak beispielsweise stellt Stereotype infrage. Sie präsentiert eine kniende göttliche Hera, in der einen Hand einen Spiegel, in der anderen eine Pinzette, um sich ein Barthaar zu zupfen. Ihrem entblößten Gipshinterteil entweicht Weihrauchduft. Bleibt nur die Frage: Darf eine Göttin so despektierlich dargestellt werden?