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derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
16. Juli 2008
17:54 MESZ

Kokoschkas "Amokläufer"  brachte 768.600 Euro.


Mangelware Qualität auf dem Kunstmarkt
Zum Auftakt der saisonalen Zwischenbilanzen ein Halbzeit-Blick auf den heimischen Markt: Die Messen werden mehr, parallel fehlt es an erstklassiger Ware

Die Zahlen stagnieren.

Wien - Zumindest der Kunsthandel befindet sich stimmungsmäßig im Aufschwung. Sowohl die Verkaufsausstellungen als auch die Messeteilnahmen haben sich fürs Erste bezahlt gemacht. Hauptsächlich der "Art Austria 1920 > 1980" , die im Museumsquartier im Mai ihr Debüt absolvierte, streut der Handel Rosen, des Publikums und vor allem der Atmosphäre wegen. Initiator Manfred Lang weiß von einer derzeit 80-prozentigen Auslastung für den 2009er-Termin zu berichten, vergrößern kann er das Teilnehmerfeld rein platzmäßig nur eingeschränkt.

Der Schulterschluss zwischen Kunsthandel und Galerien ist zur Zufriedenheit aller gelungen. Für 2009 ist ein weiteres Messeformat geplant, das sich am Vorbild des Pariser "Salon du Dessin" orientiert. Die Albertina wird damit eine Kunstmesse für Arbeiten auf Papier beherbergen, Klaus-Albrecht Schröder wird die Öffentlichkeit zum gegebenen Zeitpunkt informieren.

Im Vorfeld wurde lediglich bekannt, dass man sich ausnahmslos um die Spitzen der internationalen Szene bemüht und heimische Teilnehmer eine Minderheit stellen werden. Laut artport.cc laufen bereits vielversprechende Verhandlungen, das Teilnehmerfeld möchte man derzeit noch nicht bekanntgeben. Generell ist dieser Themenschwerpunkt ein mutiger, denn im Gegensatz zu Frankreich hat Österreich keine einschlägig engagierte Sammlerszene vorzuweisen. Somit ist internationale Klientel gefragt, die wiederum nur von der obersten Händlerriege angelockt würde. Die Katze beißt sich in den Schwanz, denn ohne diese Teilnehmerkategorie wäre die Messe zum Scheitern verurteilt.


Abseits solch ungelegter Kunstmarkt-Eier muss der Handel zeitgleich die steigende Anzahl an Messen auch mit entsprechender Ware bestücken können. Das wird zunehmend schwieriger, bedingt durch die Globalisierung des Marktes und weil man - abseits der zeitgenössischen Szene - mit mengenmäßig eingeschränkten Künstleroeuvres handelt. Da tun vermeintliche Neuentdeckungen not.

Auch dafür gab und gibt es bei den heimischen Messen Beispiele, die rein qualitativ wohl nicht immer den Kriterien einer Fachjury entsprechen. Da solche Kollegien in Österreich meist aus den Teilnehmern gestellt werden, entfällt in einem ersten Schritt eine natürliche Auslese. Im Auktionsgeschäft lief es differenzierter. Die höchsten Zuschläge des ersten Halbjahres spiegeln die Realität nur bedingt.

Alte Meister dominieren

Im oberen Preissegment dominiert die Sparte Alte Meister, rein mengenmäßig bleibt dies dennoch den Segmenten Klassische Moderne, 19. Jahrhundert und vor allem Zeitgenössische Kunst vorbehalten. Gäbe es nicht Wolfdietrich Hassfurther - er mischte mit seinen Spitzenergebnissen das traditionelle Teilnehmerfeld auf -, dann wäre das Zuschlagsvolumen der Top-Ergebnisse um fast 40 Prozent geschrumpft. Ende Juni 2007 lag dieser Wert bei netto 4,59 Millionen Euro, aktuell beläuft er sich auf etwas mehr als vier Millionen, was einer Reduktion um 11,65 Prozent entspricht.

Aber: Waldmüllers Der Guckkastenmann wechselte letztlich abseits des Auktionssaals und damit direkt zwischen den Parteien den Besitzer. Faktisch kann das nicht als Auktionsergebnis gewertet werden, "im Kinsky" listet das Gemälde mit dem während der Versteigerung unter Vorbehalt bewilligten Zuschlag von etwas mehr als einer Million Euro, der endgültige Kaufpreis ist nicht bekannt. Zieht man dieses Ergebnis ab, dann reduziert sich das Zuschlagsvolumen um fast 30 Prozent auf 3,21 Millionen Euro. Der Hauptbetroffene ist das Dorotheum. Hassfurther und vor allem "im Kinsky" konnten ihre Umsätze deutlich steigern, Letztere insgesamt um 11,5 Prozent auf ein Bruttototal von 12,45 Millionen Euro, wobei vor allem die Nachfragen an Klassischer Moderne und Arbeiten des 19. Jahrhunderts um 60 bzw. 71 Prozent wuchsen.

Das Dorotheum - Umsätze werden zum Halbjahr nicht veröffentlicht - gab sich positiv und übte sich in Zweckoptimismus: Die Halbjahresbilanz sei "erfolgreich" , die Verkaufserfolge im April und Mai "hervorragend" . Die Liste der zehn höchsten Auktionsergebnisse (2007: Guido Cagnacci, Lucrezia, 1,4 Millionen Euro) führte man an, aktuell schaffte man nur Platz drei bzw. vier (Girolamo Macchietti, Madonna mit Kind, 398.000 Euro) - und die Einspielergebnisse der beiden Auktionswochen zeigen ein anderes Bild: 2007 hatte man im Zeitraum Jänner bis inkl. Juni in zwei Durchgängen netto 19,47 Mio Euro verbucht, 2008 lässt sich dieser Wert mit 13,73 Mio beziffern.

Das satte Minus von 5,74 Millionen Euro liegt wohl weder in der unterschiedlichen Anzahl an Spartensitzungen (2007: 15; 2008: 12), noch an den inhaltlichen Änderungen in der Abfolge, sondern ganz offensichtlich im Mangel an hochwertiger und lukrativ absetzbarer Ware. Ob dem Jubeljahr - 2007 feierte das Dorotheum sein 300-jähriges Bestehen - 2008 tatsächlich ein Katzenjammer folgt, wird erst die Herbstrunde zeigen. (Olga Kronsteiner  / DER STANDARD,  Print-Ausgabe, 17.7.2008)

 

 

 


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