Bregenz (VN-ag) Das Schaufenster erinnert an ein Reisebüro, das
mit fernen Destinationen wirbt. Erst wenn man näher hinschaut,
entdeckt man Fehler: eine Pistole, eine Zeitung mit der
Mordstatistik und mittendrin eine Heuschrecke.
Das Schaufenster mit den erinnerungsträchtigen Details gehört zur
Editionswerkstatt von Bernd Smodics in Bregenz und ist nicht mehr
als die Ouvertüre zu einer kleinen Ausstellung im Inneren. Diese
widmet sich unter dem großartig symbolträchtigen, fast schon
literarischen Titel "Saltomontes de Caracas" ("Caracenische
Heuschrecken") zeitgenössischer Kunst aus Venezuela.
Kunst als Pendel
Von langer Hand geplant, erzählt die Schau eine kleine
Geschichte. An ihrem einen Ende steht Bernd Smodics, der selbst drei
Jahre lang in Venezuela gelebt hat. Verkörpert er quasi den Blick
von außen auf eine hierzulande wenig bekannte Kunstlandschaft, die
wie ein Pendel zwischen den Konflikten im Heimatland und ihrer
künstlerischen Autonomie ausschlägt, so liefern die Werke selbst
(und die via Videodokumentation vorgestellten Künstler) die innere
Perspektive. Die Ausstellung, die ausdrücklich nicht politisieren
will (für die Künstler ist der Zustand alltäglich), zeigt Video,
Skulpturen, Malerei, Grafik sowie eine Comic-Box von insgesamt fünf
Künstler(inne)n.
Mit Hand und Fuß
Deren an sich völlig verschiedene künstlerische Ausdrucksformen
lassen sie zu einer kleinen, verschworenen Gemeinschaft
zusammenrücken, keinesfalls aber zu einem einfallenden
Heuschreckenschwarm werden, wie der Titel nahe legen könnte.
Der bildhafte Titel, die Heuschrecke, lässt zwar viele
Assoziationen zu, doch Initiator Bernd Smodics hat sein eigenes Bild
vor Augen: einen jungen Mann, der am Strand aus einem einfachen
Palmblatt mit viel Geschick ein solches Insekt herstellt. Das
repräsentiert für ihn die Fähigkeit der Venezolaner, aus wenig etwas
zu machen. Ein Notstand, der weder explizites Thema noch den
Arbeiten anzusehen ist. So zeigt die gebürtige Israelin Lihie Talmor
grafische Arbeiten, die als cinematografische Sequenzen auf Fotos
basieren, der Bildhauer Gabriel Lopez ist mit "Hand und Fuß"
vertreten und Jaime Ardizon mit einer schreinartigen, vieldeutigen
Comic-Box in einem kubanischen Zigarrenkistchen. Der junge Maler
Arcaick Lefard präsentiert neben figurativen Tafelbildern auch eine
Auswahl von dichten Aktzeichnungen, während das Video von Jorge
Dubuc als beinahe surrealistischer Fluchtpunkt anmutet.