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Kunstberichte

Galerien

Wer suchet, der eiert

Aufzählung (cai) Stimmt. Es ist Fastenzeit. Drum also sind die Wände so leer. Wenn man sich im Parterre der Galerie Janda zu lange aufhält, verhungern einem womöglich noch die Zapfen. Nicht zu verwechseln mit dem Zäpfchen, dem Ding tief drin im Mund. (Äh, das hat man im Mund ?) Die Zapfen sind ja im Aug’. Die Sinneszellen für die Farbwahrnehmung. Und der Gabriel Sierra gönnt uns eben nur ein rotes Apferl. Und das ist nicht einmal ein Apferl. Das ist eine Karotte. Behauptet jedenfalls der Titel von diesem Mobile: "The Donkey And The Carrot." Der Esel und die Karotte. Hm. Und wo ist der Esel ? Oh, das bin wahrscheinlich ich , die ich dieses Ein-Frucht-Stillleben ungläubig anstaune. Weil das ist sicher eine Publikumsbeschimpfung.

Die Ausstellung tut freilich nur so trocken. Die ist in Wahrheit eh spritzig wie der Humor des Künstlers. (Der ist spritzig?) Ein Stückl Holz hängt deprimierend herum, doch sobald man ein bissl Origami damit macht, ist es plötzlich kein schlechter Scherz mehr, sondern ein Regal. Und die Holzstangerln, mit denen man eine Linie zieht (Bleistifte?), oder die man halt zu einer ellenlangen Linie aus ziehen kann, sind quasi Spielzeuge für Architekten (Plafondkratzer). Aber der hinterfotzigste Witz ist die Wand, die der Sierra uns einfach in den Weg stellt. Unten mit einem Spalt zum Durchkriechen. Die scheidet die Faden von den Abenteurern, die Steifen von den Gelenkigen. Denn wer sich aufs Niveau eines Kindes im Krabbelalter begibt (schnauf!), landet ... jö, in der Pointe! Na ja, eigentlich im Spielzimmer der Geometrie. Da gibt’s bunte Bauklötze. Und man kann verspielt sein wie dieser Designer aus dem Ausstellungstitel ("A Trip To Vienna Like Bruno Munari"). Ein Plädoyer für den Spieltrieb. Der Sierra versteckt die Farben wirklich so gut wie der Osterhase die Eier. Und wer suchet, der eiert.

Galerie Martin Janda
(Eschenbachgasse 11)
Gabriel Sierra
bis 30. April
Di. – Fr.: 13 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr

Diesseits von Afrika

Aufzählung (cai) Dieser Weinkeller hat so viel Persönlichkeit, der stiehlt der Kunst fast die Show. Die kompakten Keramiken von der Eva Albrecht, suggestive Gebilde, sind an die düster romantische Stimmung tief drunten in den Eingeweiden vom Salon Belle Arti aber eh perfekt angepasst. Haben selber was Mystisches. Und der Hubert Fischlhammer kann in dieser "Kapelle" endlich angemessen um ein verwelktes Blatt trauern, das er in einem Bild regelrecht aufgebahrt hat ("Requiem für ein totes Blatt"). Immer pickt irgendwo die leibhaftige Realität: ein Knochen, Rinde, ein Stück vom Schleier der Tuareg. Eine lebendige Mischung aus straffer Ordnung und sinnlicher Collage. Die Geschichten kann man sich dann selber zusammenreimen. Oft spielen sie auf dem Kontinent am andern Ufer vom Mittelmeer. Doch warum heißt ein Bild, auf dem sich eine von allen Meeren verlassene Muschel der Einsamkeit hingibt, "Würschtlstand"? Weil ich mich verlesen hab. Da steht in Wahrheit "Muschelstrand". Und was hat ein geschlossener Reißverschluss neben einer Nackerten zu bedeuten? Rien ne va plus? (Äh, Verstopfung?)

Salon Belle Arti
(Radetzkystraße 5)
Fischlhammer/Albrecht
Bis 23. April
Sa.: 11 – 15 Uhr

Zwischen den Sofas sitzen

Aufzählung (cai) Das Zitat vom Johann Wolfgang von Götz, äh: Goethe, das kann uns ja jeder an den Kopf werfen. Marzena Nowak zitiert lieber ihre eigene Wohnung . (Konzeptueller Narzissmus?) Im verstümmelten Teppich soll irgendwie der Platz zwischen zwei Sofas abgespeichert sein. Überhaupt eine ziemlich magere, unausgegorene Ausstellung. Denn wieso schmiert man auf ein historisches Spielzeug Honig? Weil das heute sowieso kein Kind mehr angreifen tät?

Galerie Mezzanin
(Getreidemarkt 14)
Marzena Nowak
bis 30. April
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr

 

Printausgabe vom Mittwoch, 06. April 2011
Online seit: Dienstag, 05. April 2011 17:26:00

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