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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
07. Mai 2009
18:15 MESZ

Bis 30. Mai, Performance von Karl Karner am Freitag, 8. 5., 19.00.

www.breathless.at

 

 



"Breathless" reagiert auf die vorgefundenen spannungsvollen Oberflächen in Wien-Mitte (vorne: Installation von Karl Karner).

 


Frische Brise in leeren Hallen
Das Ausstellungsprojekt "Breathless" nutzt einen außergewöhnlichen Ort für ein Projekt der jungen Szene, komponiert von Adam Budak

Wien - Die rot-blauen Markierungen, die über den Boden mäandern, sind kein neues Leitsystem zum Flughafentransfer inmitten der wuchernden Baustelle rund um Wien-Mitte, sondern Teil einer Installation des Grazer Künstlers Clemens Hollerer und Einstiegshilfe in eine - in Bezug auf den lokalen Kontext - völlig andere Welt.

Die ehemaligen Markthallen, Ecke Invalidenstraße, sind Schauplatz des Projekts Breathless, das parallel zur Viennafair eröffnet wird und auf mehr als 1000 Quadratmetern die junge Wiener Szene - Galerie Dana Charkasi, Galerie Andreas Huber, Momentum and Winiarzyk - präsentiert.

Die haben sich für ihre Reinszenierung den international tätigen Kurator Adam Budak (zuletzt z. B. Manifesta 7, verortet am Grazer Kunsthaus) ausgesucht. Er machte auch den Vorschlag für den Projekttitel Breathless, der die Atemlosigkeit in einem positiven Sinn - auch als Luftholen - versteht. Den Bezug zu Godards Kultfilm Außer Atem stellt der eigentliche Ausstellungstitel Qu'est-ce que c'est dégueulasse? (Was heißt das "zum Kotzen"?) noch expliziter her. Es sei aber keine Hommage, sondern ein zufälliger und unbewusster Impuls, der versucht, "sich über das wichtige Gehabe eines vermeintlichen Rebellen lustig zu machen."

"Uns war es sehr wichtig, einen Raum zu finden, der in öffentlichem Gebrauch war, den jeder kennt, der sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat", erklärt Moritz Stipsicz von Momentum das Interesse am außergewöhnlichen Ort. "Aber vor allem wollten wir einen Raum, der in Bezug auf Kunst völlig neutral ist", mit der Hoffnung, das Potenzial eines neutralen Raumes auszunutzen und Leute zu erreichen, die nie in eine Galerie gehen würden.

Neutral, jedoch mit spannungsvoller Oberfläche präsentiert sich der entkernte Raum: Fliesen und Putz sind teils abgeschlagen, Konstruktionen freigelegt. Eine Brache, in der hie und da Beschriftungen daran erinnern, wo Wurst, wo Käse verkauft wurde. Große Unterstützung fanden die jungen Galeristen beim BAI (Bauträger Austria Immobilien) und deren Geschäftsführer Thomas Jakoubek. Stipsicz: "Es war großes Glück, dass wir Besitzer und Bauträger dafür begeistern konnten, an diesem speziellen Ort etwas zu machen."

Lebenszeichen abgeben

Angefangen hat alles jedoch mit der Idee, parallel zur Messe eine gemeinsame, bewusst offen gestaltete Ausstellung auf die Beine zu stellen. "Sozusagen als ,junge frische Brise', die nicht nur junge Kunst ausstellt, sondern auch in Herangehensweisen und Themen noch etwas offener ist." Stipsicz präzisiert lakonisch: "Aufgrund des Alters, aber hoffentlich auch dauerhaft." Als eine Art Lebenszeichen der kleinen Galerien, die parallel zur Messe aufzeigen: "Uns gibt es auch", beschreibt es Dana Charkasi. Die Idee sei dann Baustein für Baustein gewachsen und überzeugte auch Departure, die das Projekt fördert. Mit "offen" sei gemeint, dass Budak zwar sehr wohl mit den Künstlern ihrer Galerien arbeiten sollte, er dabei jedoch völlig frei wählte und komplementär andere Positionen addierte.

Größere Kontexte, die das eigene Portfolio adeln? "Ja", bestätigt Charkasi, "ich habe schon das Gefühl, dass wir als junge Galerien durch einen international renommierten Kurator doch etwas legitimiert werden." Stipsicz ergänzt: "Das Projekt kann aber auch herauskitzeln, was eine junge Szene, die Wien als Referenzpunkt hat, ausmacht." Auf die Ergebnisse, die hoffentlich in ein paar Tagen abzulesen seien, sei man sehr gespannt.

Bei den Medien habe Budak sehr fließende Übergänge geschaffen: Vom stillen gegenständlichen Foto über einen Grad der Abstraktion (Peter Garmusch) bis zur kompletten Abstraktion (Gerd Hasler), um dann das Foto - wie bei der polnischen Künstlerin Agnieska Polska - wieder zum bewegten Bild zu machen. Insgesamt eine sehr bunte Mischung, die Arbeiten u. a. von Klaus Auderer, Pirmin Blum, Carola Dertnig, Ute Müller und Leopold Kessler, Alexandre Singh und Martin Vesely enthält.

Spannend sei, "wie die Positionen der verschiedenen Galerien hier zusammenfließen", schließt Stipsicz. Eine Idee, die wieder zurück zu Clemens Hollerer führt: Seine rot-blauen Klebungen, die sich im Zickzack durch die ganze Halle ziehen, veranschaulichen nicht nur Raumbezüge, sondern auch die der künstlerischen Positionen zueinander: sich berühren, um wieder auseinanderzudriften. Lose und flexibel. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.5.2009)

 

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