VN Fr, 15.2.2002

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Kultur 

Schrecken im Alltag witzig transportiert

Martin Gostners Personale "Seitlich aus der Requisite kommend" in Innsbruck

Innsbruck (VN-cf) Die Suche nach neuen Ausdrucksformen in der Kunst ist - glücklicherweise - ein nie enden wollender Weg. Der Innsbrucker Künstler Martin Gostner versucht es mit einer Mischung aus Theaterstück und Ausstellung.

Gostner sieht sich als Protagonist, Regisseur und Rezensent zugleich und liefert ein verblüffendes Ergebnis, in dem die österreichische Identität mit Witz und Intelligenz aufs Korn genommen wird.

Ähnlich einem Schauspieler, der seitlich aus der Requisite kommend auf die Bühne tritt, geht der Besucher dieser Ausstellung an gebrauchten Schränken vorbei, deren Türen offen stehen. "Was du suchst, sucht nach dir", heißt diese Installation, in der im Hintergrund eine bedrohlich wirkende Flutwelle wiederkehrend auf den Besucher zukommt.

Gostner erfasst hier jenes Erinnerungsmoment einer primären Erfahrung, bei der Neugier und die gleichzeitige Suche nach Schutz in Faszination und Schrecken umschlagen. Im anschließenden Raum führt die Arbeit "zu breit, zu weit" das Thema weiter. Eine zerfetzte Luftmatratze ist von der Flutwelle scheinbar angespült worden.

Nationale Identifikation

Im dritten Raum findet man sich in Österreich wieder. In der Plakat-Fotoarbeit "Promenade des Autrichiens" lässt Gostner Eckpunkte der österreichischen Nachkriegsgeschichte Revue passieren.

Bei der Auswahl dieser zeitgeschichtlichen Ereignisse hält sich Gostner an jene, die die Seele von Herrn und Frau Österreicher erschütterten, sei es die Radioansprache des ersten Nachkriegskanzlers Leopold Figl und seiner Pathosformel "Glaubt an dieses Österreich" oder die Suspendierung des Alpin-Heros Karl Schranz von den Olympischen Spielen. Eine chronologische Sichtweise liegt dem Tiroler Künstler dabei so fern wie nur etwas. Geschehnisse, wie die Frauenbewegung der 70er Jahre, Antifaschistendemos in den Nachkriegsjahren oder Ausländerhass der 90er Jahre werden auf eine Ebene gebracht.

Wiederkehrendes

Auch in anderen Arbeiten der Ausstellung betont Gostner die Wiederholung von geschichtlichen Phänomenen. In den "Ansichten der Gegend um Clausewitz" etwa zeigt er alte Schlachtpläne des Kriegstheoretikers Clausewitz, die genauso auf Konfliktformen in unserem Alltag verweisen könnten.

Konfrontiert mit so viel Schrecken ist man als Besucher schließlich froh, noch etwas über den mit Wiener-Schnitzel-Panier überzogenen Wirtshaustisch ("dicke Aura Heimat") schmunzeln zu können und sich schließlich in der großen Halle im Untergeschoss der Galerie in einem Wattemeer zu baden.

Die Ausstellung ist bis 24. März in der Galerie im Taxispalais zu sehen. Maria-Theresien-Straße 45, Innsbruck. Telefon 0512/508-3171, Internet: www.galerieimtaxispalais.at. Öffnungszeiten: Di-So: 11-18 Uhr, Do: 11-20 Uhr.

"Was du suchst, sucht nach dir". (Foto: Galerie im Taxispalais)




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