Nächste Woche prunkt die Vienna Art Week mit mehr
als 100 Einzelveranstaltungen
Nistplätze und Flaggschiffe
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Urbane Kunst lauert überall: Filmstill aus Nicolas Jasmins
Videoinstallation "DIS", nächste Woche zu sehen bei der
Vienna-Art-Week-Ausstellung "Crossing Limits". Foto: Nicolas Jasmin
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Von Christoph
Irrgeher
![Aufzählung Aufzählung](00091380-Dateien/wzfeld.gif)
Leiter Robert
Punkenhofer über Wien als Kunstmetropole.
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Vienna Art Week sei "kein Marketing-Tool".
Wien.
Betrachtet man Journalismus als Versuch, eine unübersichtliche Welt
leserfreundlich zurechtzustutzen, bereitet das aktuelle Kunstprogramm in
Wien Probleme. Neben der üblichen Ausstellungsfülle buhlt nicht nur der
europäische Monat der Fotografie um Aufmerksamkeit. Es prunkt nächste
Woche auch die Vienna Art Week mit einem Füllhorn von mehr als 100
Veranstaltungen.
"Also ich habe lieber zu viel als zu wenig", sagt Robert Punkenhofer,
künstlerischer Leiter der mittlerweile sechsten Art Week. Initiiert
wurde sie vom Dorotheum, getragen wird sie vom Art Cluster Vienna –
einer Plattform, die die heimische Szene gewinnbringend vernetzen will.
"Ein kleines Wunder"
Ist das, gerade in einer Museumslandschaft voller Einzelkämpfer,
möglich? "Ein kleines Wunder" war es, sagt Punkenhofer, als 2005
erstmals alle an einem Strang zogen und ein "Mehrwert" herausschaute.
Welcher da wäre? Erhöhte Wahrnehmung für eine Stadt, die international
eher als Musikmetropole gilt. Zwar kann Punkenhofer dieses gesteigerte
Interesse für "eines der Kunstzentren der Welt" nicht in Zahlen gießen.
Aber: "Mir reicht es, wenn ein Galerist sagt: ‚So viel Interessenten aus
dem Ausland waren selten in meiner Galerie.‘"
Nicht nur solche Lokalitäten werden bei der Art Week (mit
Galerientagen am Freitag und Samstag) betrommelt: Auch die Off-Szene
rückt ins Zentrum. Nistplätze zeitgenössischer Kunst – in vormals leer
stehenden Geschäftslokalen oder Hinterhof-Wohnungen – rüsten zur
Leistungsschau; das "umraum stadtbureau" in Mariahilf eröffnet am Montag
den Ausstellungsreigen. "Keimzellen für neue Kunstpraktiken" widmet
sich auch die Ausstellung der Vienna Art Week, die Ursula Maria Probst
kuratiert hat (ab Dienstag in der Sammlung Lenikus und der Galerie
Lust). Doch auch die Flaggschiffe des Wiener Ausstellungsgeschehens
mischen mit: So führt etwa Belvedere-Chefin Agnes Husslein in einem
Rundgang über die Baustelle des 20er Hauses, das 2011 eröffnen soll.
Mit prominenten Experten geht es auch in Diskussionsrunden: Da wird
etwa über die Käuflichkeit der Kunstkritik diskutiert, über die Rolle
des Kunstmäzens – und über "Neue Museumsperspektiven in Wien". Neben dem
20er Haus blüht der Stadt 2012 noch ein Novum: Das Liechtenstein Museum
will sein Stadtpalais als Jugendstil-Haus eröffnen. Und das Wien Museum
sucht bekanntlich nach einem neuen Domizil.
"Keine Speed-Metropole"
Dynamisch-urban präsentiert die Art Week ihr Vienna. Freilich: Da
passt es nicht ganz ins Bild, dass das Wien Museum seinem Neubau nun
schon ziemlich lang entgegendarbt. Ist diese Stadt nicht doch eher
langsam? "Sicher ist Wien keine Speed-Metropole, aber dieses
Sich-Zeit-Nehmen hat auch seinen Wert", findet Punkenhofer, der nicht
nur als Kurator, sondern auch als Handelsdelegierter in Barcelona tätig
ist. Auch inhaltlichen Überschneidungen zwischen einzelnen Wiener Museen
kann er etwas abgewinnen – im Sinne vitaler Konkurrenz. Wobei: "Keine
Frage, dass da und dort politische Entscheidungen fallen müssen."
Grenzüberschreitend, doch im positiven Sinn will sich die Art Week
mit ihrem Motto "Crossing Limits" zeigen: Es ist sowohl zeitlich gemeint
(man präsentiert Altmeisterliches bis Alleraktuellstes) als auch
(stadt-)räumlich – und nicht zuletzt thematisch. Das weite Programm
berührt nämlich auch Bereiche wie Design, Architektur, Politik.
Geht es dem Festival-Event nicht auch vorrangig um Ökonomie?
Punkenhofer winkt ab: "Uns geht es nicht um Verkauf, wir sind kein
Marketing-Tool. Aber wir freuen uns, wenn die Galerien sich freuen."
Programm unter http://www.viennaartweek.at
Printausgabe vom Samstag, 13.
November 2010
Online seit: Freitag, 12. November 2010 18:20:29
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