21. September 2009 - 00:04 Uhr · Von Roman Kloibhofer · Innviertel

Umstrittene Ausstellung: Künstler entfernte Bilder von nackten Frauen

Umstrittene Ausstellung: Künstler entfernte Bilder von nackten Frauen
RIED. Mächtig Staub aufgewirbelt hat die Ausstellung des Fotokünstlers Michael Sardelic Donnerstagabend in Ried. Nach Intervention der Stadtgemeinde entfernte Sardelic einige Fotos. Künstlerkollegen sprechen von „Zensur“.

Wo die Kunstwerke von Michael Sardelic hätten hängen sollen, sahen die Besucher der Ausstellungseröffnung am Donnerstag im Volkskundehaus nur leere Wände, auf denen mit Klebeband die Konturen der Kunstwerke angedeutet waren. Darunter der Hinweis: „Nach Intervention der Stadtgemeinde wurden einige Werke wieder abgenommen.“ Und zwar jene Bilder, die nackte Frauen in einer Badewanne zeigen, bei denen Assoziationen zu Beschneidung und Abtreibung hergestellt werden können (oder sollen?). Diese Bilder fehlen, können aber anhand eines A4-Fotos, das auf Anfrage gezeigt wird, zumindest im Kleinformat betrachtet werden.

„So etwas ist mir noch nie untergekommen“, sagt Michael Sardelic. Beim Aufbau der Ausstellung hatten Mitarbeiter der Stadtgemeinde Bedenken an einigen Kunstwerken geäußert. „Nach Rücksprache mit dem Bürgermeister habe ich mich entschieden, einige Bilder nicht zu zeigen“, sagt der Pädagoge und Künstler, der die Umstände dennoch als „Zensur“ empfindet. „Ich bin enttäuscht, es wäre mir natürlich lieber gewesen, wenn ich alles ausstellen hätte können“, sagt Michael Sardelic.

Eröffnungsredner Timm Starl aus Wien – er ist Fotopublizist und Kulturwissenschafter – sprach von „Zensur, Maßregelung des Künstlers und Bevormundung des Publikums“.

Bürgermeister Albert Ortig sagte: „Es war die Grundsatzentscheidung des Künstlers, die Ausstellung um einige Werke zu reduzieren.“ Sardelic habe dadurch „als Pädagoge Sensibilität und Verantwortung“ bewiesen. Dass es sich um „Zensur“ handle, wies Ortig zurück.

Künstler Karl Grausgruber aus Ried formuliert es dramatisch: „Ich hab’ so etwas noch nie erlebt. Es ist schlimm, weil es einen politischen Hintergrund gibt.“ Auch Bildhauer Thomas Wiederkehr sagt: „Dadurch werden alle Besucher entmündigt.“ Das Argument, es würden auch Kinder das Volkskundehaus besuchen, denen könne man dies nicht zumuten, lässt er nicht gelten: „Das ist nur eine Ausrede!“

Eine Ansicht, die im Übrigen auch andere Ausstellungsbesucher teilten.

Quelle: OÖNachrichten Zeitung
Artikel: http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/innviertel/art70,262259
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