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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
07. Mai 2009
18:24 MESZ

Bis 6. 6.

Diskursprogramm

Curated by wird begleitet von einem Diskursprogramm, das auf der Viennafair stattfindet. Ausgehend von den Ausstellungsprojekten diskutieren die Kuratoren mit internationalen Gästen aktuelle Tendenzen, kuratorische Praktiken und den Kunststandort Wien.

Anmeldung für das Panel-Gratiskartenkontingent für Nicht-Messebesucher: viennafair_panelprogramm@departure.at.
8. 5., 14.00: Blurred Boundaries Between Museum Curating And Gallery Practice; 16.00: From Europe To Asia And Back Again; 9. 5., 14.00: All Art Isn't Global Yet; 16.00: What's Next For The Viennese Art Scene?

Details: www.curatedby.at. (kafe)

 

 

Readymade-Strategien verschiedener Generationen in der Galerie Steinek: Kurator Matthew Higgs spannt dort Noam Rapport und B. Wurtz (Foto: Mobile aus Plastiksackerln) zusammen.


Alternativkommandos und geladene Störköche: "Curated by"
Das Programm rund um die Viennafair wird noch dichter: Departure fördert Projekte, die den Kunststandort Wien internationalisieren

Die Besucher reagieren mit stabilem Schuhwerk.


Wien - "Der Ausgangspunkt ist stets, was die beiden Werke gemeinsam zu haben scheinen", erklärt Matthew Higgs: "Was sie tatsächlich interessant macht, ist jedoch, wo sie voneinander abrücken. Ein Kunstkritiker sagte einmal sehr treffend: ,Das Uninteressanteste an zwei Kunstwerken ist, was sie gemeinsam haben.'"

Matthew Higgs, Kurator, Künstler und derzeitiger Direktor von White Columns in New York, ist mit seiner Ausstellung Correspondences Teil des Projekts Curated by_vienna 09, initiiert und mit 200.000 Euro finanziert von Departure, der Wiener Förderagentur für die Kreativwirtschaft. Vier Teams internationaler Kuratoren - neben Higgs, Gianni Jetzer, Jérôme Sans und als Duo María de Corral und Dan Cameron - bespielen die Räume von insgesamt 18 Galerien, jene der Innenstadt, der Schleifmühl- und Eschenbachgasse.

In den letzten Jahren sei eine starke "Celebrity-Culture" mit ihren Vor- und Nachteilen zu beobachten gewesen, ein "Epigonentum" und "Nachahmen der großen Stars", beschreibt Departure-Leiter Christoph Thun-Hohenstein, ehemals Leiter der österreichischen Kulturforums in New York, die Lage.

Da wollte man mit Curated by ansetzen, dessen heimliches Motto die "kulturelle Vielfalt im Dialog" sei. Über allem steht freilich die Nachhaltigkeit des Projekts: Die neuartigen Kooperationen zwischen Galerien und Kuratoren sind auch als Anregung für die Zukunft gedacht, sie sollen Impulse für den Standort Wien in Hinsicht auf seine bessere Einbindung in den internationalen Markt geben.

Daher ist der Auftakt zum Projekt auch parallel zur Viennafair gewählt. Man hofft auf Synergieeffekte, bietet spannende Nebenschauplätze und bindet sie diskursiv ins Messeprogramm ein, profitiert aber auch von der angereisten internationalen Klientel.

Der Kulturmanager fand es spannend zu sehen, wie sich die Wiener Galerien zu Gruppen zusammenfanden, um sich eine internationale Persönlichkeit auszusuchen, die statt ihnen für einen Monat das Programmkommando übernimmt. "Solche Konstellationen hat es bisher nicht gegeben". Dieses Einschleichen thematisieren Cameron und Corral (Insam, Krinzinger, Layr Wuestenhagen, Nächst St. Stephan) mit Inside Job. Jérôme Sans bespielt dagegen die etwas verstreuten Galerien Bleich-Rossi, Charim, Feichtner, Hilger und Mauroner mit Künstlern, deren Herkunftsländer auch ein wenig verstreut sind: From Europe to Asia and back, again.

Die Einzigartigkeit des Projekts bestätigten alle Kuratoren. Er habe zwar bereits vier Räume in einem Haus, aber niemals auf einer Straße kuratiert. Gianni Jetzer, Direktor am Swiss Institute in New York, fand genau das verlockend; und sein Projekt der fragmentierten Narrative Beginnings, Middles, And Ends fügte sich auch perfekt in die Galerienfolge (Senn, König, Engholm-Engelhorn und Kargl) der Schleifmühlgasse: "Es ist eine andere Wahrnehmung, wenn man, bevor man einen neuen Raum betritt, wieder auf der Straße steht."

Jetzer, der sich als geladener "Störkoch" sieht, wollte gerade keine lineare Geschichte erzählen, sondern fand mit vier Eingangstüren auch mehrere mögliche Anfänge oder Enden. Jenseits der Erzählung liegt etwa Valentin Ruhrys Arbeit 23:40, die um diese Uhrzeit - wenn Museen und Galerien üblicherweise geschlossen sind - dreimal die Trommel schlägt; also etwas ankündigt, was ausbleibt: wie ein Kommentar dazu Lawrence Weiners Schriftarbeit As long as it lasts.

Seitenweise Kunst

Einen konzentrierten Dialog zweier Künstler regt Jetzer zwischen Gedy Sibony und Matthew Higgs an, womit er dem Kuratoren-Kollegen Higgs (Janda, Krobath, Meyer Kainer, Mezzanin, Steinek), der die Form der Doppelconférence als spannendste Präsentation ansieht, in doppelter Hinsicht ein Kompliment macht. Higgs künstlerische Arbeiten fragmentieren Bücher, Seiten - etwa die Schmutztitel, die teils grafische Elemente enthalten - nimmt er heraus und macht sie zu eigenständigen Werken, die sich deutlich auf die Tradition des Tafelbilds beziehen. Eine Readymade-Strategie, die ihn mit Sibony eint, der Verpackungs- oder Auslegeware in der Inszenierung zu wahren Preziosen wandelt. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.5.2009)

 

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