Anlass für das äußerst gut besuchte Lamentieren mit dem polemischen Titel "Vom Meister zum Master" war die Präsentation der Diplomarbeiten in der Akademie (siehe Artikel links). Und weil die Angewandte just den gleichen Termin wählte, stellte sich wieder einmal die Frage, ob eine Fusion der beiden Kunstschulen (da wie dort wird Ähnliches gelehrt) nicht doch Sinn machen würde. Zumal die Rektoren einträchtig die ökonomischen Zwänge beklagten, die mit der Autonomie und dem neuen Paragrafenwerk einhergehen.
Thema der von STANDARD-Redakteurin Lisa Nimmervoll moderierten Diskussion aber war die Frage: "Welche Kunst will das neue UG?" Und die Rektoren malten schwarze Bilder. Denn der Unterricht müsse "modularisiert" werden, um dem EU-"European Credit Transfer System" Folge leisten zu können, einem Punktesystem, das sich am Aufwand orientiert (statt nach Wochenstunden). Das schlimmste aber sei das "Bakkalaureat" nach bereits drei Studienjahren. Denn: "Was ist eigentlich ein halber Künstler?", fragte sich Schmidt-Wulffen.
Brigitte Kowanz, Professorin an der Angewandten, stieg angesichts der ECTS-Punkte aus: "Ich finde das schrecklich! Wenn das so weitergeht, werden wir unser letztes Terrain aufgeben." Unterrichtet werden könne nur das solide Mittelmaß, interessant hingegen sei die einzigartige Individualität des Künstlers.
Doch sie hätte sich nicht aufregen brauchen: Stefan Titscher von der WU Wien, der maßgeblich am UG mitgearbeitet hat, erklärte trocken, dass das Wort "Master" nicht im Gesetz auftaucht: Der Student schließt weiterhin mit dem Titel "Magister" ab. Zudem werde keine Modularisierung verlangt, das UG biete vielmehr größere Freiheiten beim Erstellen des Studienplans. Und das ECTS gilt natürlich nicht für bestehende Studien, sondern nur für jede, die künftig angeboten werden sollen. Aber: Die Unis hätten eine Verantwortung für die Studenten - und sollten "gefälligst schauen", dass die Studenten in absehbarer Zeit einen Beruf ergreifen können, wenn sie dies wollen.
Peter Sloterdijk, Rektor in Karlsruhe und Professor an der Akademie, versuchte auf unterhaltsame Art den Spagat: Er kritisierte die gesellschaftspolitischen Tendenzen ("Berufsanschlussfähigkeit", der Student als "Download-Zombie") - und verteidigte sie: "Es gibt kein Grundrecht auf Zeitvertreib." Und: "Europakompatibilität ist keine Schande!" (DER STANDARD, Printausgabe, 30.6.2004)