VN Fr, 15.2.2002

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Kultur 

Ein Universum des Begehrens

Die "Polka-Dot-Princess" in der Wiener Kunsthalle im Museumsquartier

Wien (VN-cf) Beim Betreten des schlauchförmigen Ausstellungsraumes im Zentrum des Wiener Museumsquartiers stellt sich unwillkürlich Wohlbefinden ein. Gleich einem riesengroßen Bauch wurden die Seitenwände der Kunsthalle für die Personale der japanischen Künstlerin abgerundet.

Subtile Erotik und Sinnlichkeit werden mit einem sehr begrenzten Repertoire an Formen ausgedrückt: Punkte, Tupfen, Kugeln, Netzwerke, die sich in Spiegeln unendlich wiederholen.

Mit ihren obsessiven Objekten, Installationen und Environments sorgt Yayoi Kusama - eine der vielseitigsten und international erfolgreichsten zeitgenössischen Künstlerinnen Japans - seit den sechziger Jahren für Furore.

Obsessive Kunst

Die charakteristischen "Polka dots" und "Infinity nets" ihrer Vorstellungswelt überwachsen nicht nur Leinwände und Aquarelle, sondern auch Objekte und ganze Räume und begründen so Kusamas Ruhm als "Polka-Dot-Princess" und Exotin der New Yorker Kunstszene. Die Kunsthalle wurde von Kusama in ein pulsierendes Universum verwandelt.

Von den Wänden lächeln bunte Punkte herunter. Dazwischen liegen glänzende Kugeln, die bereits aus dem "Narcissus Garden" von 1966 bekannt sind. Schon als Kind hatte Kusama Halluzinationen, in denen Punkte und Tupfen alles überwucherten. Diese ornamentalen Strukturen, die sich zum Nichts überformen und in eine erschöpfte Leere führen, ziehen sich durch das ganze Künstlerleben der heute 72-jährigen.

Selbstauflösung

Versteckte Türen öffnet der Besucher mit großer Neugier und befindet sich unerwartet in einem neuen Universum von beispielsweise weißen Punkten auf rotem Hintergrund. Phallusartige Riesenluftballone verstärken den körperlich-berührenden Effekt und man verliert sich in der unendlichen Spiegelung.

Die Zersplitterung des Egos und die Verwandlung in ein multiples Selbst erreicht Kusama mit den ihr eigenen Werkzeugen. Kleine Guckkästchen laden ein, in unendliche Räume zu blicken. Voyeuristisch gereizt sieht man sich allerdings bald enttäuscht.

Vollends kann man sich nämlich nicht dem Vergnügungsspiel hingeben - in tausendfacher narzisstischer Spiegelung ist man mit sich selbst konfrontiert - und eventuell mit einem Fremden, der schamhaft, belustigt oder erotisiert in den Raum der Erwartungen blickt.

Yayoi Kusama schafft es auf sympathische Weise, die Trennung zwischen Künstlerin, Ausstellungsmechanismus

und Betrachter aufzuheben und bewirkt mit ihrer Arbeit die Überschreitung eines in Konventionen und starren Regelsystemen gefangenen Seins.

Kunsthalle Wien. 8. Februar bis 28. April 2002. Museumsplatz 1. Infoline: 01-521 89-33. E-Mail: office@ kunsthallewien.at. Internet: www.KUNSTHALLEwien.at Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 19 Uhr, Donnerstag: 10 bis 22 Uhr.

Yayoi Kusama sonnt sich hier im "Narcissus Garden". (Foto: Kunsthalle)




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